Mittwoch, 29. November 2023

Einladung zum Online-Austausch: Neue EU-Richtlinie zur Luftqualität – Verkehrsstillstand vs. Datenfluss am 08. Dezember

Die EU verhandelt aktuell über strengere Luftqualitätsgrenzwerte, die deutsche Städte herausfordern könnten. Wie können sensorgestützte Systeme dabei helfen, die Luftqualität zu überwachen und passende Stadtentwicklungsmaßnahmen abzuleiten?

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Digitale Zwillinge im Kontext von Nachhaltigkeit, KI und Open Source

Künstliche Intelligenz (KI) verändert den Alltag, das Leben, die Arbeit und die Gesellschaft. Im öffentlichen Sektor ist KI bereits Realität. Aber wie weit ist Deutschland in dieser Hinsicht wirklich?

Diese und weitere Fragen wurden auf dem Microsoft KI Summit: Public Sector am 15. Juni 2021 von 10:00 – 12:00 Uhr (MESZ) mit hochrangigen Vertreter:innen aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft diskutiert. Gemeinsam wurden Chancen aufgezeigt werden, wie KI die öffentliche Hand in Deutschland unterstützen kann.

Besucher:innen konnten die spannenden Themen der DiKItalks von Microsoft mit verschiedenen Praxiseinblicken zum Einsatz von KI erleben.

Dr. Richard Vestner im Interview

Dr. Richard Vestner, Senior Director Industry Solutions Cities hat als Sprecher am Microsoft Panel am 15. Juni an der Session “KI im urbanen Digitalen Zwilling” um 11:15 Uhr (MESZ), die von Henrike Etzelmüller von Microsoft moderiert wurde, neben Vertreter:innen der Stadt Helsinki und der Hansestadt Hamburg teilgenommen.

Sehen Sie beim Thema „Software als Treiber von digitalen Zwillingen“ und den Anwendungen hierzu einen besonderen Zusammenhang zwischen den Möglichkeiten, die Software bietet und den großen gesellschaftlichen Themen wie Nachhaltigkeit und Klimaziele, die anstehen und immer mehr im Diskurs stehen?

Dr. Richard J. Vestner: Die Digitalisierung als Querschnittstechnologie wird eine große Rolle bei der Unterstützung und bei der Erreichung von Nachhaltigkeitszielen spielen. Das Potenzial ist riesig. Die Digitalisierung oder konkreter als ein Anwendungsbeispiel ein Digitaler Zwilling tragen zu allen drei Dimensionen der Nachhaltigkeit bei, zur ökologischen, zur ökonomischen und zur sozialen. Durch Szenario-Analysen und die Vorwegnahme von Betriebszuständen werden Optimierungen von Planung, Bau und Betrieb mit dem Ziel der Minimierung von Energiebedarf oder dem CO2-Fußabdruck ermöglicht. Durch die Schulung von Betriebspersonal am digitalen Zwilling wird ein besseres Systemverständnis erreicht, was zu besseren Entscheidungen führt. Durch Augmented Reality oder Virtual Reality kann man remote Anlagen betreiben und Inspektionen vornehmen, das heißt aus der Ferne und aus einer sicheren Umgebung heraus. Dies musste in der Pandemie von heute auf morgen gelernt werden. Dies alles verursacht weniger Ressourceneinsatz, was ökologisch nachhaltig ist.

Der ökonomische Aspekt, die zweite Dimension, wird durch die Förderung von Innovation und Wettbewerb sowie durch offene, vernetzte Plattformen und durch Cloud-Technologie abgedeckt, was zu neuen Geschäftsmodellen führt.

Schließlich der soziale Aspekt, der damit zusammenhängt, dass eine höhere Transparenz erreicht wird und man mit der Öffentlichkeit viel mehr Daten teilen kann. Heute können bestimmte Projektinformationen beispielweise von Bauprojekten nicht nur mit den Projektbeteiligten geteilt werden, was durch Building Information Modellig (BIM) eingeführt wurde, sondern aus dem digitalen Zwilling heraus für jedermann dreidimensional sichtbar gemacht werden. Somit kann ein Projektbetreiber wie beispielsweise eine Behörde inklusiv und proaktiv kommunizieren. Natürlich hat die Digitalisierung auch einen Fußabdruck und verbraucht auch Ressourcen. Man muss daher darauf achten, dass unter anderem durch die Wiederverwendung von Geräten, durch nachhaltiges Design und durch die Nutzung von grüner Energie im Betrieb der sogenannte „Rebound-Effekt“ nicht eintritt. Große Hyperscaler gehen in dieser Hinsicht mit ambitionierten Zielen voran. Microsoft will beispielsweise in ein paar Jahren Wasser- und Energie-negativ werden.

Zur Verwendung von digitalen Zwillingen kommt der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) hinzu. Daraus ergibt sich die Frage, wo man diese Kombination schon heute sieht und – noch mehr nach vorne gerichtet – wo das Potential liegt?

Dr. Richard J. Vestner: Tatsächlich ist Bentley Systems dabei Maschinelles Lernen als ein Bestandteil von KI überall in die Produkte mit zu integrieren, wo es Sinn macht. Wir haben zwischenzeitlich auch gemeinsam mit Kunden Erfahrungen mit Maschinellem Lernen gesammelt, zum Beispiel bei der automatischen Erkennung und Zuordnung von Boden- und Flächennutzung. Aus städtischen Luftbildern kann der Anteil der bebauten Fläche oder der Verkehrsflächen sowie der Versiegungsgrad hervorgehen, nur um ein Beispiel zu nennen. Maschinelles Lernen setzt Bentley auch bei der Instandhaltung von Infrastruktur ein. Die Software hilft bei der Erkennung von Mängeln oder Schäden etwa von Rost oder Rissen beispielsweise an Brücken. Die Mängel werden detektiert hervorgehoben und so die Benutzer:innen alarmiert. Darüber hinaus nutzt Bentley Maschinelles Lernen auch bei der automatischen Erkennung von Bau- und Anlagenteilen. Die automatisch erkannten Bauteile werden anschließend mit 2D-Plänen und mit 3D-Modellen verknüpft.

Einer französischen Stadt hat Bentley gleich in dreifacher Hinsicht mit einer Automatisierung des Veränderungsmanagements geholfen: Bäume spielen eine wichtige Rolle im Stadtklima und so ging es dort um das Identifizieren und Zählen der Bäume. Weiterhin wurde dort Maschinelles Lernen bei der Erfassung von Solarpanelen auf Dächern als auch für die Aktualisierung der GIS-Daten dieser Stadt zur Flächennutzung eingesetzt.

Maschinelles Lernen eignet sich überall da, wo komplexe Muster in Daten erkannt und ausgewertet werden müssen, wobei ein immer größerer Teil der Daten unstrukturiert ist. Wir setzen daher Maschinelles Lernen zunehmend dazu ein, aus diesen Daten neue Erkenntnisse zu gewinnen, um damit spezifische Ziele zu erreichen. Diese Anwendungen werden perspektivisch in der Anzahl anwachsen und immer besser werden.

Projektübersicht Helsinki – Die Stadt Helsinki baut Digitalisierung mit stadtweitem digitalen Zwilling aus

Bentley-Anwendungen bringen Projektbeteiligte und Bürger:innen mit einer offenen digitalen Stadtplattform zusammen.

Organisation
Stadt Helsinki
 
Lösung
Digitale Städte
 
Standort
Helsinki, Finnland
 
Projektziele
· Die praktischen und vielseitigen Vorteile von 3D-Stadtmodellen durch die Erstellung eines stadtweiten digitalen Zwillings realisieren.
· Einbindung der Einwohner und Förderung der Smart City und der nachhaltigen, CO2-neutralen Ziele.
 
Verwendete Produkte
ContextCapture, LumenRT, MicroStation, OpenCities Map, OpenCities Planner, ProjectWise
 
Kurzinformation
· Die Stadt Helsinki beauftragte Helsinki 3D+, die Helsinki City Environment Division und das Forum Virium Helsinki mit der Integration und Nutzung von Stadtmodellen.
· Es wurde eine offene digitale Stadtplattform benötigt, um alle Herausforderungen zu meistern und Daten öffentlich zu teilen.
· Nachdem bereits für die Erstellung von Stadtmodellen Bentley-Anwendungen verwendet wurden, fiel die Entscheidung erneut auf diese, um das Projekt „Digitale Stadt der Synergien“ abzuschließen.
 
ROI
· Die Umweltabteilung der Stadt Helsinki nutzte Bentley-Anwendungen zur Erstellung und Aktualisierung eines Realitätsraster- und Informationsmodells des 217 Quadratkilometer großen Stadtgebiets.
· Das Forum Virium Helsinki entwickelte mit OpenCities Planner einen digitalen Zwilling des Stadtteils Kalasatama.
· Helsinki 3D+ verwendete MicroStation, ContextCapture und OpenCities Map zur Erstellung und Pflege von Realitäts- und Informationsmodellen.

Es gibt viel Potenzial, welches sich aus Maschinellem Lernen und kognitiven Diensten ergibt, die beispielsweise Microsoft als Hyperscaler anbietet. Eine Strategie, die in Deutschland verfolgt wird, ist, viel OpenSource zu nutzen. Wie geht das Hand in Hand, Services von einem Cloud-Hyperscaler durch Partner wie Bentley Systems zu nutzen aber auch eine OpenSource-Strategie zu verfolgen?

Dr. Richard J. Vestner: Im Infrastruktursektor werden so viele unterschiedliche Digitale Zwillinge benötigt, dass ein Unternehmen allein diese gar nicht erschaffen kann. Insofern ist Kooperation erforderlich, die durch offene Plattformen ermöglicht wird.

Bentley bietet mit der iTwin Plattform so eine Entwicklungsumgebung an. Hier kann jede oder jeder ihre oder seine eigene Version eines iTwins erschaffen und die volle Leistungsfähigkeit einer ausgereiften Plattform nutzen. Um den Einstieg zu erleichtern, wurde eine Bibliothek mit Beispielen, Mustern und APIs auf Github veröffentlicht. Unter https://www.itwinjs.org findet man eine Open Source Programmbibliothek mit Einsteigerpaketen und Dokumentationen.

Offenheit ist aber nicht nur OpenSource, sondern wichtig ist auch die Offenheit gegenüber Applikationen anderer Software-Hersteller sowie die Offenheit gegenüber anderen Formaten. Im urbanen Kontext lassen sich viele Formate und Datenformate finden, die es jetzt zu vernetzen gilt. Nur dann, wenn es diese Offenheit gibt, können Städte und städtische Unternehmen, die bereits in Digitalisierung und Automatisierung investiert und ihre Mitarbeiter darin geschult haben, sich vernetzen und eine vernetzte Datenumgebung aufbauen, die als Basis dient. Damit knüpft Bentley da an, wo die Nutzer:innen stehen und verlangt keinen kompletten Systemwechsel. Man spricht in diesem Zusammenhang von der „Demokratisierung von Technologie“. So wie einige andere große Software-Hersteller sieht Bentley in jeder Form von Offenheit eine große Chance für Innovation und für Entwicklungsgeschwindigkeit, weshalb auch die iTwin-Cloud-Plattform angeboten wird. Bentley glaubt, je mehr Entwickler und Experten dort versammelt werden, die sich untereinander und mit Bentley austauschen, desto schneller und besser kann Bentley Digitale Zwillinge sowie Cyberphysische Systeme von Städten und ihren sektoralen Digitalen Zwillingen anbieten, die mit der Zeit immer besser werden. Die Cloud und das Plattform-as-a-Service-Geschäftsmodell machen es möglich.

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Frage (Journalist)

Welche Geschäftsmodelle würden Sie aufbauend auf dem digitalen Zwilling in absehbarer Zukunft als möglich erachten? Es gibt diesen Punkt, dass Städte ihre Daten offen auf einer Open-Data-Plattform bereitstellen und sich natürlich erhoffen, dass Start-ups aus dem Boden sprießen. Die Wahrheit ist aber, dass oftmals die Daten nicht kontinuierlich bereitgestellt werden und nicht mit einer ausreichenden Sicherheit, dass man darauf aufbauend Geschäftsmodelle entwickeln könnte.

Dr. Richard J. Vestner: Die Frage ist sehr interessant und relevant, denn laut eines aktuellen EU-Forschungsberichts wird bei der Entwicklung von digitalen Lösungen oftmals das Geschäftsmodell vernachlässigt. Oft haben diese Start-Ups eine Idee, die zunächst einmal auch technisch machbar ist. Die Start-ups gehen allerdings unter, weil das Geschäftsmodell nicht genug in den Fokus genommen wurde und nicht überlegt wurde, wer davon profitieren soll. Gartner beispielsweise beschreibt das mit dem „Technology Hype Cycle“, bei dem es zuerst eine große Begeisterung gibt und danach sehr vieles wieder verschwindet. Dabei muss auch die Frage beantwortet werden, ob zum Betrieb des Geschäftsmodells auf Dauer ausreichend Daten zur Verfügung stehen.

Bentley möchte als sogenannter „Enabler“ andere Unternehmen befähigen, Informationen und Erkenntnisse aus Daten und Modellen zu gewinnen. Die Themen werden sich sicherlich im urbanen Kontext um Resilienz und Nachhaltigkeit drehen, aber letztlich müssen sie zu dem Ziel führen, für jeden Bürger die Stadt lebenswerter zu machen. Es gibt zahlreiche Ideen zu diesen Themen. Wichtig ist, dass man darauf achtet, daraus auch wirklich gute Geschäftsmodelle zu entwickeln, sonst setzen sie sich nicht durch.

Was wollen Sie aus der Perspektive Lessons Learned oder Looking Forward mitgeben und was wünschen Sie sich für die Zukunft vor allem im Hinblick auf Software?

Dr. Richard J. Vestner: Um mit Technologie anzufangen: Was man auch an sehr vielen Anwendungen sieht, ist, dass eine Implementierung mit einer gründlichen Bestandsaufnahme anfangen muss. Keine Nutzer:in hat die gleiche IT-Umgebung, die gleichen Ziele, die gleiche Strategie, den gleichen Reifegrad in der Verwaltung und auch nicht die gleiche Erfahrung mit Digitalen Zwillingen oder Künstlicher Intelligenz. Dazu gehört auch eine gründliche Untersuchung der vorhandenen Datenbasis. Datenqualität ist extrem wichtig. Man muss die Fragen stellen, wie der Zugang zu den Daten erfolgt, wie aktuell sie sind, wie oft sie aktualisiert werden und welchen Belastungszustand der Infrastruktur sie darstellen.

Eventuell kommt man zu der Erkenntnis, dass ein Ziel nicht erreichbar ist oder man eigentlich etwas ganz anderes untersuchen sollte. Deswegen gibt es auch hybride KI-Modelle, mit denen man mit mechanistischen Modellen Extremwerte simulieren und diese in die KI einspeisen kann. Gerade solche Extremwertanalysen sind sehr interessant, besonders vor dem Hintergrund des Klimawandels. Das sind einige Lessons Learned zur Implementierung, zur Datenqualität und zur Individualisierung auf den jeweiligen Fall.

Über Urban Digital

Dieses Portal informiert über Themen, Akteure, Projekte und Strategien rundum die digitale Stadt. Unsere Vision ist es, die Triebkraft der Digitalisierung in die Bahnen einer erstrebenswerten Stadtentwicklung zu lenken.

Dazu forcieren wir den inhaltlichen Austausch über die digitale Stadt zwischen Akteuren aus Forschung, Wirtschaft, öffentlicher Verwaltung und Zivilgesellschaft.

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Bentley Systems
Bentley Systems
Bentley Systems (Nasdaq: BSY) ist das Unternehmen für Infrastruktur-Engineering-Software. Wir entwickeln innovative Software, um die Infrastruktur der Welt zu verbessern und damit sowohl die globale Wirtschaft als auch die Umwelt zu unterstützen.

Unsere branchenführenden Softwarelösungen werden von Fachleuten und Organisationen jeder Größe für Planung, Bau und Betrieb von Straßen und Brücken, Eisenbahn und Verkehr, Wasserversorgung und Abwasserentsorgung, öffentlichen Versorgungseinrichtungen, Gebäuden und Hochschulen sowie Industrieanlagen eingesetzt.

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