Samstag, 23. November 2024
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Weiterbildungsprogramm „Digital Twins für Städte“ für kommunale Mitarbeiter:innen

Die Technische Universität München startet im Februar 2025 das Zertifikatsprogramm „Digital Twins für Städte“. Es vermittelt, wie städtische Daten in virtuelle Modelle übersetzt und als Planungsinstrument in Mobilität, Umwelt und Wohnen eingesetzt werden können.

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Digitale Zwillinge und Künstliche Intelligenz in der Wasser- und Abwasserwirtschaft – Gregg Herrin im Interview

Titelbild © Bentley Systems
Autorin: Jana Morlang


Die nachhaltige und resiliente Bewirtschaftung von Wasserressourcen steht vor komplexen Herausforderungen. Wasser ist nicht nur eine chemische Verbindung, sondern eine lebenswichtige Ressource, die durch Faktoren wie den Klimawandel und aktuelle demografische Entwicklungen zunehmend belastet wird. Wie können wir also sicherstellen, dass unsere Wasserinfrastrukturen den aktuellen und künftigen Herausforderungen gewachsen sind? Und welche Rolle können dabei Digitale Zwillinge gepaart mit Künstlicher Intelligenz spielen, um Wasserressourcen nachhaltiger und widerstandsfähiger zu verwalten?

Von der Planung über den Bau bis zum Betrieb werden fortschrittliche digitale Lösungen eingesetzt. Interoperabilität zwischen verschiedenen Systemen, digitale Zwillinge zur Simulation und Optimierung, IoT-Sensoren für Echtzeitüberwachung sowie 4D-Analytik und künstliche Intelligenz sind dabei keine Science-Fiction, sondern bereits Realität.

Im Rahmen der The Year In Infrastructure 2023 durfte unsere Marketing- und Kommunikationsbeauftragte Jana ein Interview mit Gregg Herrin führen, um zu erfahren, wie der Einsatz digitaler Werkzeuge nicht nur für Effizienz sorgt, sondern maßgeblich dazu beiträgt, die Nachhaltigkeit und Resilienz von Wasserinfrastrukturen zu stärken. Gregg Herrin ist Vizepräsident für Wasserinfrastruktur bei Bentley Systems. Er leitet das Team für Hydraulik- und Hydrologie-Software und hat einen fachlichen Hintergrund als Bauingenieur.

1.  Welchen Anwendungsfall haben Sie hier in Singapur umgesetzt?

In Zusammenarbeit mit Singapore’s National Water Agency, (PUB) nutzen wir Künstliche Intelligenz, um effizienter auf Wasserverluste in der Stadt zu reagieren. Konkret hilft die KI dabei, ungewöhnlich hohe Wasserausgaben in bestimmten Stadtteilen zu identifizieren, was auf Lecks hindeuten könnte. Da das Wassernetzwerk unterirdisch liegt, ist eine visuelle Inspektion nicht möglich. Die KI schafft es, den Bereich durch potenzielle Lecks so einzugrenzen, dass nur ein Team statt mehrerer eingesetzt werden muss. Das spart Zeit und ist effizient, das ist besonders wichtig, da Arbeitskräfte knapp sind.

Der demografische Wandel und das damit zusammenhängende Ausscheiden älterer Mitarbeiter:innen bedeutet einen Verlust von Fachwissen. Digitale Technologien wie Künstliche Intelligenz können diesen Mangel kompensieren und insbesondere im Wissensmanagement zum Einsatz kommen.

Es ist übrigens auch so, dass auch entwickelte Ländern erhebliche Wasserverluste durch Lecks in den Leitungssystemen zu beklagen haben. Bis zu 15% des Wassers können verloren gehen. Die KI-gestützte Leckagenermittlung könnte hier also zur Verbesserung der Wasserinfrastruktur und damit zu erheblichen Einsparungen führen, sowohl finanziell als auch in Bezug auf die Ressourcennutzung.

2. Wie fördert die Struktur von Singapur als Stadtstaat
Innovationen im Wasser- und Versorgungssektor?

Nicht zu vernachlässigen ist, dass Städte im Bereich der Wasserversorgung und Versorgungsinfrastruktur oft mehr Handlungsspielraum als nationale Regierungen haben. Dies liegt an ihrer agileren Struktur und geringeren politischen Hürden. Ein gutes Beispiel dafür ist Singapur, das sowohl Stadt als auch eigenständiges Land ist und somit schnell neue Konzepte testen kann. Städtische Verwaltungen können schneller Entscheidungen treffen und Erfahrungen mit anderen Städten teilen. Zudem ermöglicht die lokale Ausrichtung eine stärkere Einbindung der Gemeinschaft, was die Akzeptanz und Umsetzung von Maßnahmen erleichtert.

3. Welche Wirkungen entfalten Digitale Zwillinge
im urbanen Wassermanagement?

Digitale Zwillinge bieten Wasserversorgern und Stromversorgern tiefgreifende Einblicke in ihre jeweiligen Infrastrukturen. Die Technologie vereinfacht die Überwachung, Wartung und das Management, indem sie realitätsnahe Modelle der physischen Systeme erzeugt. Dies steigert die Effizienz und erleichtert die Fehlerbehebung.

Zugleich entfalten diese spezialisierten digitalen Zwillinge ihre Nützlichkeit auf der gesamtstrategischen Ebene. Durch die Aggregation der Daten aus verschiedenen Versorgungsbereichen ermöglichen sie den Stadtverantwortlichen, ein umfassendes Bild der gesamten städtischen Infrastruktur zu gewinnen. Dies fördert eine integrierte Stadtplanung und verbessert die Entscheidungsfindung. Es kann auch die Bürgerbeteiligung fördern, indem es den Menschen ermöglicht, mehr über Wasser- und Stromsparen sowie andere städtische Aspekte zu erfahren.

4. Gibt es weitere Anwendungsfälle für KI?

In der Wasser- und Abwasserwirtschaft wird KI zunehmend auch für die Phosphorentfernung in Kläranlagen wichtig, die dazu dient, Gewässer vor Überdüngung und Algenblüten zu schützen. Organisationen wie Mott McDonald haben den Einsatz von KI in dieser Sparte bereits vorangetrieben. Mott McDonald ist ein Ingenieurbüro, das mit Hilfe von Bentely Systems-Technologie unter anderem Projekte zur Phosphorentfernung in Kläranlagen umsetzt und KI nutzt, um Entscheidungsprozesse für zukünftige Phosphorentfernungsprojekte in Kläranlagen zu optimieren.

Auf Basis von Daten aus bereits realisierten Projekten gibt die KI Empfehlungen für die Phosphorentfernungstechniken, die am besten für einen neuen Standort geeignet wären. Dabei lernt die KI von den Eigenschaften des einfließenden Abwassers und den Entscheidungen der Ingenieur:innen. Im späteren Verlauf können sie aus diesen vorgefilterten Optionen wählen. Dies beschleunigt nicht nur den Arbeitsprozess, sondern hilft Ingenieuren auch dabei, besser fundierte Entscheidungen zu treffen.

5. Welche Rolle spielt KI generell in der aktuellen
Wasser- und Versorgungswirtschaft?

Künstliche Intelligenz (KI) und maschinelles Lernen sind vielversprechende Werkzeuge für die Wasser- und Versorgungswirtschaft, aber sie sind nicht allumfassend. KI ist besonders effektiv, wenn es eine Historie gibt, aus der sie lernen kann. Bei wiederkehrenden Ereignissen kann KI schnell Muster erkennen und Handlungsempfehlungen abgeben. Das Problem: Der Klimawandel stellt uns vor völlig neue Herausforderungen, die KI allein nicht bewältigen kann. In solchen Fällen sind traditionelle ingenieurtechnische Simulationswerkzeuge für Hydrologie und Hydraulik weiterhin unverzichtbar. Diese ermöglichen eine genauere Bewertung extremer Umstände, die bisher noch nie aufgetreten sind. Dennoch könnte KI zur Risikobewertung und zur effektiveren Steuerung von Versorgungssystemen beitragen, sofern sie im Kontext anderer Werkzeuge eingesetzt wird.

6. Welche Erfahrungen machen Sie bei der Implementierung von
KI-Anwendungen bei Wasser- und Versorgungsbetrieben?

Wasser- und Versorgungsbetriebe stehen vor der Herausforderung, die Rentabilität von Investitionen in Technologie oder Infrastruktur zu bewerten. Ein Kernproblem ist die Messung der Abwesenheit eines Ereignisses, wie z.B. einer Überschwemmung, die durch Vorsorge verhindert wurde. Bei einigen Parametern wie “Nicht fakturiertem Wasser” ist die Berechnung einfacher. Wenn ein Betrieb seinen Wasserverlust von 20% auf 10% reduziert, kann er die eingesparten Kosten leicht berechnen.

Die Bewertung wird komplexer, wenn es um den gesamten Wasserlebenszyklus geht. Wie misst man den Nutzen einer verhinderten Umweltkatastrophe? Einige Betriebe schauen auf historische Daten, wie z.B. die Häufigkeit von Abwasserüberläufen, um den ROI zu berechnen. Aber es geht nicht nur um finanzielle Rentabilität. Ein wichtiger Faktor ist der “soziale ROI”, der sich an der Gesundheit der Gemeinschaft und dem kontinuierlichen Zugang zu sauberem Trinkwasser und sanitären Einrichtungen bemisst. Letztlich erkennen viele Betriebe an, dass sie mehr als nur eine Kostenstelle sind und dass die Investition in ihre Systeme weitreichende positive Auswirkungen haben kann.

Vielen Dank für das einsichtsreiche Interview.


Erfahren Sie mehr

Dieser Artikel ist Bestandteil eines Berichtes über “The Year in Infrastructure und Going Digital Awards” von Bentley Systems im Jahr 2023. Erfahren Sie mehr über dieses Jahresereignis für digitale Fortschritte in der Infrastruktur sowie Updates zu Bentley-Anwendungen und technologischen Innovationen.

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Jana Morlang
Jana Morlang
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