Sonntag, 22. Dezember 2024

Interview mit Denes Kücük

Bitte beachten Sie, dass Denes Kücük seit Frühjahr 2020 als CDO für die Stadt Bochum tätig ist. Dieses Interview wurde mit ihm 2019, während seiner Tätigkeit für die Stadt Dortmund geführt.

Was bedeutet für Sie Smart City?
Smart City ist für mich eine Stadt, die Ressourcen intelligent nutzt und intelligent vernetzt ist, um ihrer Bevölkerung eine hohe Lebensqualität zu bieten. Die technologische Komponente ist dabei zweitrangig, denn im Kern ist sie Mittel zum Zweck, unsere Stadt lebenswerter zu gestalten. Vorrangig wollen wir also bspw. die Lärmbelästigung in einem Wohngebiet verringern und wenn für die Messung und anschließende bessere Steuerung der Verkehrsflüsse, Sensorik nützlich ist – dann verbauen wir sie auch im Stadtraum, aber wir müssen nicht per se alles digitalisieren.

Denes Kücük

Denes Kücük ist stellvertretender Leiter des Chief Innovation/ Information Office (CIO) der Stadt Dortmund. Das CIO wurde Mitte 2018 gegründet und treibt in koordinierender Rolle die Smart City-Strategie der Stadt voran. Denes Kücük ist studierter Politikwissenschaftler und zusätzlich Absolvent der NRW School of Governance. Vor seiner Tätigkeit beim CIO war er beim nordrhein-westfälischen Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie als Referent beim Beauftragten der Landesregierung für Informationstechnik tätig.

1. Welche Aufgaben hat das CIO und was sind Projekte, die in nächster Zeit Dortmund smarter und lebenswerter machen?
Wir sind als eine Art Innovationsscout für die Stadt Dortmund unterwegs, um Trends der digitalen Stadtentwicklung zu beobachten, spannende Projekte in Dortmund anzustoßen und Synergieeffekte für Digitalisierungssbestrebungen in der Stadtgesellschaft und -verwaltung zu organisieren. Unsere Aufgabe ist es, alle Ansätze und Entwicklungen zur Digitalisierung der Stadt zu systematisieren und strategisch miteinander zu verbinden.

Das CIO ist auch die Schnittstelle der Stadtverwaltung zur Allianz Smart City. Allianz Smart City ist ein Netzwerk, in dem mittlerweile 140 Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft und der öffentlichen Hand sich über die smarte Stadt der Zukunft austauschen. Das Netzwerk lebt vom Zusammentreff der unterschiedlichen Expertenteams. In diesem Netzwerk können die Akteure Wissen voneinander abgreifen, eigenes Wissen platzieren und dadurch gemeinsame Projekte anstoßen. Die Akteure reichten bereits mehrere Hundert Projektvorschläge ein und wir fungieren dann als Scharnier zur Stadtverwaltung. Wenn ein Projekt zu unseren Zielen passt, setzen wir es gemeinsam um.

Es gibt auf der einen Seite rein technische Projekte, die unsere Bürger/innen am Ende wahrscheinlich weniger wahrnehmen werden, die aber natürlich für die Steuerung der Stadt, die effiziente Nutzung unserer Ressourcen in der Ver- und Entsorgung wichtig sind. Auf der anderen Seite gibt es Projekte, von denen unsere Bürger/innen sehr wohl in ihrem Lebensalltag Veränderungen merken werden.

2. Der Fehler des ersten Hypes um Smart Cities, war es, die Technologie in den Mittelpunkt zu stellen. Die Stadt Dortmund stellt bewusst den Mehrwert für die Menschen in den Mittelpunkt – wie kommt es dazu und welche Bedeutung kommt dabei DOgital zu?
Das ist eine gute Frage und hat sicherlich auch damit zu tun, dass unser Oberbürgermeister Stadtplaner ist und weiß, das Technik nicht das Allheilmittel ist. Außerdem haben wir unsere Smart City-Strategie nicht allein entwickelt, sondern haben uns von Anfang von Partnern mit viel Expertise beraten lassen. Dabei haben wir deutlich gemacht, dass es uns als Stadt darum geht, Lebensverhältnisse zu verbessern und nicht einfach Technik zu verbauen.

DOgital“ ist eine Dachmarke für ein Veranstaltungskonzept unter dem drei Arten von Veranstaltungen laufen werden und deren Ziel es ist, Bestrebungen der Digitalisierung von Stadtverwaltung und -gesellschaft zu vernetzen.

3. Wie wichtig ist die Vermarktung der Digitalisierung-Maßnahmen, denn häufige Kritik ist die reine Medienwirksamkeit von Smart City Strategien. Welchen Weg definiert Dortmund für sich, um mit Buzzwords nicht die Bürger abzuschrecken, sondern real etwas zu bewegen?
Vernünftige Öffentlichkeitsarbeit ist definitiv wichtig. Auf der anderen Seite stimmt natürlich der Einwand, dass manche Städte ihre Projekte zu sehr ins Rampenlicht stellen. Das gehört aber auch dazu, denn eine Stadt möchte sich natürlich im Wettbewerb zu anderen Städten positionieren, möchte als innovativ, jung und dynamisch wahrgenommen werden.

Deswegen wollen auch wir Dortmund als Großstadt auf die Karte zu setzen und sind dafür auch viel auf Veranstaltungen unterwegs und erzählen da unsere Dortmunder Story. Das darf natürlich nicht bedeuten, dass man etwas vorschwindelt. Da muss man ehrlich dazu sagen, dass wir am Anfang unserer Prozesse sind, wir legen damit los, Smart City zu werden. Insbesondere international gibt es Städte, die viel weiter sind – das schaffen wir wohl so in den nächsten Jahren vielleicht nicht aufzuholen, aber das muss auch ja auch gar nicht sein.

Wichtig ist, dass in Dortmund der breite Wille existiert, das Thema anzugehen. Dazu haben wir unsere Masterpläne, die an die Smart City-Strategie andocken, unseren Oberbürgermeister Ulrich Sierau als treibende Kraft, die politische Unterstützung des Stadtrates und unser aufgebautes Netzwerk mit vielen externen Partnern. In dieser Allianz Smart City ist übrigens Cisco, ein absoluter Global Player, sehr aktiv. Das bringt uns viele Vorteile. Gleichzeitig sind wir uns aber auch bewusst, dass wir großen Konzernen nicht unsere Stadt überlassen wollen. Auch da lernen wir in der Allianz voneinander. Und das ist für alle Beteiligten sehr wertvoll.

4. Die Digitalisierung der Stadtentwicklung lässt sich – wenn auch nicht trennscharf – grob in zwei Bereiche aufteilen. Zum einen gibt es die interne Digitalisierung der Abläufe in der Stadtverwaltung und zum anderen den externen Bereich: die Ausstattung des Stadtraums mit digitalen Technologien. Welche Prioritäten setzt Dortmund in seiner Smart City-Strategie in dieser Hinsicht? 
Ich denke die Allianz Smart City zeigt, dass wir uns schon sehr früh mit dem externen Bereich beschäftigt haben. Grundsätzlich halte ich aber die harmonische Entwicklung beider Bereiche für richtig: wenn wir viel mit Sensorik messen und auswerten wollen, um daraufhin unsere Planungen zu verbessern – dann funktioniert das nicht, wenn unsere verwaltungsinternen Abläufe nicht darauf angepasst sind. Das bedeutet gerade die alltägliche Gestaltung und Einflussnahme auf die Stadtentwicklung erfordert die Interaktion beider Bereiche. Es reicht nicht, unsere Energie erst in einen und dann in den anderen Bereich zu investieren. Die Stadt Dortmund ist groß genug, um einen ganzheitlichen Ansatz zu verwirklichen.

Wenn ein Dezernat den Masterplan Digitale Verwaltung/Arbeiten 4.0 aufstellt, beschäftigt es sich mit Fragen über die Stadtverwaltung von Morgen und dazu gehören E-Aktensysteme, digitale Arbeitsabläufe und welche der Verwaltungsmitarbeiter/innen wie arbeiten. Dabei spielt natürlich auch die Schnittstelle zu den Bürger/innen eine entscheidende Rolle, um wiederum Aufgabenbereiche richtig organisieren zu können. Wenn es nicht gerade die Beratung im Bürgeramt ist, kann die Arbeit vielleicht eher im Home Office erledigt werden.

Nichtsdestotrotz kann ein externes Projekt durchaus auch innere Verwaltungsabläufe beeinflussen. Wenn bspw. aus unserem Allianz Smart City-Netzwerk ein Projektvorschlag für eine sinnvolle Anwendung von Sensorik im öffentlichen Raum kommt, dann muss die Stadtverwaltung im Anschluss damit umgehen können und die benötigte Infrastruktur dafür schaffen. Bei solchen Impulsen treten wir als CIO wieder in unsere Scharnierfunktion. Wir wollen verhindern, dass ein Dezernat einfach abgeschottet interne Prozesse digitalisiert und vermitteln daher zwischen Akteuren, wenn Synergieeffekte absehbar sind.

5. Ist die Digitalisierung der Stadtverwaltung eher organisatorischer oder technischer Natur?
Die Digitalisierung der Verwaltung ist sicherlich eine Chance zu überdenken, welche Arbeitsabläufe derzeit in der Verwaltung überhaupt sinnvoll sind. Auch hier ist die technische Frage eher nachrangig, sondern im Kern geht es um die Frage: wie organisieren wir die Arbeit besser, neu und wie könnte die Digitalisierung dabei helfen? Ein Formular am Computer auszufüllen, auszudrucken um es dann einer anderen Dienststelle zu geben, damit diese das wieder eintippt? Solche Arbeitsabläufe müssen überdacht und effizienter organisiert werden. Neu gewonnenes Personal sollte dann lieber in der Schnittstelle zu Bürger/innen und Unternehmen eingesetzt werden.

Dabei ist die Stadtverwaltung mit ihren Bestrebungen zur Umstrukturierung natürlich nicht im luftleeren Raum. Der eine oder andere Bürger fragt, warum schon alles digital funktioniert – außer die Dienstleistungen beim Staat. Als Stadtverwaltung agieren wir natürlich immer auf gesetzlichen Grundlagen, die für solche Veränderungen angepasst werden müssen. Wenn derzeit noch ein Schriftformerfordernis notwendig ist, dann reicht eine E-Mail nicht aus, weil wir eine Unterschrift brauchen.

Das heißt nicht alles wird auf kommunaler Ebene entschieden, aber der Bund und die Länder arbeiten auch daran. Als Folge eines Normen-Screenings haben die Ministerien bspw. bei mehreren Abläufen die Notwendigkeit eines Schriftformerfordernisses bzw. zur Vorstelligkeit einer Person, aufgehoben. Gleichwohl bedeutet das nicht, dass wir auf kommunaler Ebene die Decke erreicht haben. Potenzial ist definitiv noch da und Arbeit ist demnach auf jeder Ebene erforderlich.

 Die digitale Stadt von morgen soll…
…dem Menschen das Leben möglichst einfacher und lebenswerter machen. Die Stadt von morgen muss dabei sowohl am Zahn der Zeit bleiben, als auch mit Risiken adäquat umgehen.

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Inmitten reger Diskussionen um Industrie 4.0 oder die digitale Disruption in verschiedensten Wirtschaftszweigen, sind indessen viele Akteure der Stadtwirtschaft ratlos, was die digitale Transformation...

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