Titelbild © msg systems ag
Autor: Philip Kosse
Die digitale Transformation bietet Städten und Gemeinden eine Vielzahl von Möglichkeiten, das Leben ihrer Bürger:innen nachhaltiger und effizienter zu gestalten. Besonders wertvoll erweisen sich hierbei Reallabore, die als Testumgebungen innovative Smart-City-Konzepte und -Technologien unter realen Bedingungen erproben. Die Gemeinde Ismaning hat dies erkannt und setzt auf ein „Smart-City-Reallabor“, um die Chancen und Herausforderungen des Klimawandels besser zu bewältigen und die Lebensqualität nachhaltig zu verbessern. Dieses wird gemeinsam mit der msg systems ag umgesetzt.
Mehrwerte und Einsatzmöglichkeiten von Reallaboren
Reallabore ermöglichen es Städten und Gemeinden, innovative Technologien praxisnah zu testen und datenbasierte Entscheidungen zu treffen. Diese Testumgebungen bieten folgende Vorteile:
- Praxisnahe Innovation: Technologien und Smart-City-Konzepte werden in der realen Umgebung ausprobiert. So können Lösungen entwickelt werden, die den tatsächlichen Bedürfnissen der Bürger:innen und Kommunen entsprechen. Andere Städte wie Koblenz und Münster haben bereits Reallabore eingerichtet und konnten so Erkenntnisse zur technischen und wirtschaftlichen Machbarkeit sammeln.
- Datengetriebene Entscheidungsfindung: Daten spielen in einer erfolgreichen Smart City eine Schlüsselrolle. Reallabore sammeln wertvolle Informationen und unterstützen so eine fundierte Entscheidungsfindung bei der Planung und Umsetzung zukünftiger Smart-City-Initiativen.
- Kooperation und Skalierung: Die Zusammenarbeit mit Unternehmen, Forschungsinstitutionen und weiteren Akteuren ermöglicht maßgeschneiderte Lösungen, die skalierbar sind. Erkenntnisse und Innovationen aus den Testumgebungen können auf das gesamte kommunale Ökosystem ausgedehnt werden.
Der Use Case „Hitzekarte“: Technologische Umsetzung
und gesellschaftlicher Nutzen
In Ismaning wurden mehrere Use Cases identifiziert, die im Rahmen eines Reallabors umgesetzt werden können. Die dabei angewandten technischen Hilfsmittel variieren, wobei aber der Fokus auf der Datengewinnung mithilfe von Sensoren liegt. Ein erster wichtiger Anwendungsfall für die Gemeinde ist die Entwicklung einer „Hitzekarte“. Aufgrund der steigenden Temperaturen und der Häufigkeit von Hitzewellen ist es essenziell, die lokale Bevölkerung besser auf extreme Temperaturen vorzubereiten und präventive Maßnahmen zu ergreifen. Sich verändernde Temperaturen aufgrund des Klimawandels stellen deutsche Kommunen vor mehrere Herausforderungen.
Insbesondere im Sommer belasten Hitzeperioden die Gesundheit der Bevölkerung, Infrastruktur und Umwelt stark. Zu den größten Herausforderungen gehören:
- Gesundheitliche Belastungen
- Wärmebelastung der Infrastruktur
- Belastung der Wasserversorgung
- Auswirkungen auf die Umwelt- und Lebensqualität
- Einflussfaktoren für eine nachhaltige Stadtentwicklung
Während eine Hitzekarte hier gerade in den Sommermonaten datenbasierte Maßnahmen und Handlungsempfehlungen ermöglicht, können Temperatur- und Wetterdaten im Allgemeinen, wie Windgeschwindigkeit oder Luftfeuchtigkeit, bspw. auch bei der Routenplanung von Streufahrzeugen im Winter nützlich sein oder um Glatteiswarnungen in Echtzeit durchzugeben. Bei der technischen Umsetzung kommt es also darauf an, eine nachhaltige und aussagekräftige Datengrundlage zu schaffen, mit der präventiv Entscheidungen getroffen werden können.
Technische Umsetzung
In Ismaning wurden an zentralen Orten Sensoren installiert, die kontinuierlich Temperatur und Luftfeuchtigkeit messen. Die Datenübertragung erfolgt über den Funkstandard LoRaWAN, während das Empfangen und Weiterleiten der Daten durch The Things Network (TTN) unterstützt wird. TTN ist eine offene IoT-Infrastruktur, die Daten von LoRaWAN-fähigen Sensoren und Geräten drahtlos aufnimmt und an Anwendungen weiterleitet.
Unter Einbezug von Satellitendaten werden die erhobenen Daten auf das gesamte Gemeindegebiet hochgerechnet und in einer Hitzekarte visualisiert, die zeigt, wo Hitzeinseln entstehen. Die erhobenen Daten lassen sich durch den Einsatz verschiedener Werkzeuge perspektivisch weiterverarbeiten, um Wetterentwicklungen zu prognostizieren. Geplant ist es, die Hitzekarte über die Gemeindewebseite und digitale Infostelen in der Öffentlichkeit verfügbar zu machen.
Gesellschaftlicher Nutzen
Durch diese Datenerhebung und -darstellung erhalten die Bürger:innen ein klares Bild über lokale Hitzeverhältnisse und mögliche Risikozonen. Besonders betroffene Gruppen, wie ältere Menschen oder Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen, können sich so gezielt informieren und präventiv handeln. Darüber hinaus trägt die Hitzekarte zur Planung von Maßnahmen wie der Installation zusätzlicher Schattenplätze oder der ressourcenschonenden Baumbewässerung bei, was die langfristige Lebensqualität in Ismaning erhöht.
Das Reallabor in Ismaning: Ein Blick in die Zukunft
Das Projekt in Ismaning zeigt exemplarisch, wie Smart-City-Lösungen konkrete Mehrwerte für die Bevölkerung schaffen können. Das Reallabor wird in den kommenden Jahren kontinuierlich ausgebaut und kann flexibel auf die Bedürfnisse der Gemeinde reagieren. So soll es zur Grundlage für eine nachhaltige und resiliente Stadtentwicklung werden.
Es hat das Potenzial, die Digitalisierung greifbar zu machen und konkrete Handlungsmöglichkeiten für den Klimaschutz aufzuzeigen. Ismaning setzt damit ein zukunftsweisendes Beispiel für andere Städte, wie die digitale Transformation für das Gemeinwohl genutzt werden kann.