Information, Versorgung und Teilhabe optimieren durch den Ausbau realer Strukturen verknüpft mit dem Aufbau einer digitalen Pflegeplattform
Das Thema Pflege ist nicht nur für Hilfsbedürftige, sondern auch für Angehörige und Helfende ein komplexes Sachgebiet. Dem Ziel einer individuellen Betrachtung der Bedürfnisse der einzelnen Personen steht der Fachkräftemangel im Pflegebereich gegenüber. Dies führt dazu, dass Betroffene oftmals nur unzureichend beraten und betreut werden können.
Diese Herausforderungen adressiert das vom Ministerium für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk des Landes Nordrhein-Westfalen mit Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung geförderte Forschungsprojekt „Pflege im Quartier“. In einem ersten Schritt wurden durch die Kooperationspartner gemeinsam mit Pflegestützpunkten, Angehörigen, Hilfsbedürftigen und einem Seniorenbeauftragten Anforderungen an eine bedarfsgerechte Versorgung, Beratung und Information im Pflegebereich erhoben. Die genannten Stakeholder stammen dabei aus vier Gelsenkirchener Quartieren, welche hinsichtlich ihrer Bevölkerungsstruktur und Quartiersbeschaffenheit maximal heterogen sind. Dies ermöglicht die quartiersbezogene Betrachtung einer Vielzahl unterschiedlicher Anforderungen an die Pflege Hilfsbedürftiger.
Im Rahmen des Projektes wird durch das IDiAL eine digitale Pflegeplattform entwickelt, die eine personen- und quartiersorientierte Vernetzung der Stakeholder ermöglicht. Die Plattform erlaubt u. a. die digitale Bereitstellung multimedialer Schulungsinhalte und Beratungsangebote für Hilfsbedürftige, ergänzt durch zusätzliche quartiersbezogene Informationen wie bspw. die Auskunft über nahe gelegene Anlaufstellen zur Beratung von Hilfsbedürftigen und ihrer Angehörigen. Durch diese Informationen können Beratungszeiten an den Anlaufstellen verkürzt werden und Hilfsbedürftige gelangen auf kürzeren Wegen zu ihrem benötigten Pflegeangebot.
Darüber hinaus soll der Informationsfluss zusätzlich durch einen elektronischen Pflegebericht beschleunigt werden. Neben der Plattform entsteht zudem eine mobile Applikation für Android-basierte Smartphones. Im Zusammenspiel mit der digitalen Pflegeplattform wird es möglich sein den bundeseinheitlichen Medikationsplan einzuscannen und sowohl in der App als auch auf der Plattform darzustellen.
Weitere zentrale Aufgaben der App sind die Erhaltung der Mobilität und die Erhöhung der Sicherheit ihrer Nutzer. So kann die App bei Bedarf bspw. den Weg zur nächsten öffentlichen Toilette anzeigen oder einen Wegweiser bereitstellen, um Hilfsbedürftige sicher nach Hause zu navigieren. Um die eigene Umgebung aktiv mitzugestalten, können schwer zugängliche Orte mit Foto und Text aufgenommen und öffentlich gemeldet werden. Diese Funktion bietet lokalen Akteuren Möglichkeiten zeitnah und aktiv Probleme der Hilfsbedürftigen zu lösen. Des Weiteren wird eine Notruf-Funktion integriert, die bei Aktivierung in Abhängigkeit von Aufenthaltsort und Zeitpunkt regelbasiert unterschiedliche Kontakte benachrichtigt. Beispielsweise kann eine Regel hinterlegt werden, dass im Zeitraum von 6-12 Uhr bei Notfällen die Nachbarin benachrichtigt wird, da die pflegebedürftige Person in diesem Zeitraum i. d. R. zu Hause ist. Neben diesen auf den Pflegekontext bezogenen Funktionen bietet die App auch den vereinfachten Zugriff auf die Standard-Funktionalitäten des Geräts, d. h. Kontakt- und Kalenderverwaltung, Telefonie und SMS-Versand. Die Konfiguration und Verwaltung einzelner Funktionen der App werden nutzerbezogen über eine Weboberfläche auf der Plattform gesteuert.
Die Entwicklung und Gestaltung der Plattform und der App geschieht nutzerzentriert und wird durch kontinuierliches Usability Engineering unterstützt. Hierdurch wird sichergestellt, dass Nutzer mit unterschiedlichen körperlichen und geistigen Voraussetzungen beide Systeme bestmöglich nutzen können.