Autoren: Hüseyin Ugur Sagkal, Dr. Mike Weber
Titelbild und Abbildungen: ÖFIT/Fraunhofer FOKUS und KGSt
Die Digitalisierung der deutschen Kommunen macht flächendeckend Fortschritte. Dabei unterscheiden sich allerdings die Ziele, die Kommunen bei der Digitalisierung anstreben: mal dominierten die Effizienz und Effektivität des Verwaltungshandelns alle anderen Ziele, mal wird die örtliche Gemeinschaft stärker in den Blick genommen und mal wird ein besonders Augenmerk auf die Offenheit und Mitbestimmung gelegt. Auch bei der Wahl der Instrumente gehen Kommunalverwaltungen höchst unterschiedliche Wege.
1. Studie: Digitale Kommunen – Eine Typfrage?
Das Kompetenzzentrum Öffentliche IT (ÖFIT) und die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) haben die Unterschiede in den Zielen und Herangehensweisen bei der kommunalen Digitalisierung untersucht. Basierend auf einer Befragung von 412 deutschen Kommunen durch, deren Ergebnisse bereits im Rahmen der Kurzstudie „Wie sind die Kommunen in Deutschland digital aufgestellt“¹ vorgestellt wurden, identifizieren die Autor:innen vier Kommunentypen und analysieren, welche Schwerpunkte diese in der Digitalisierung setzen und wie diese unterschiedlichen Typen voneinander lernen können.
Der Bedächtige: „Digitalisierung gelingt nur gemeinsam!“
Die Kommunen dieses Typs fokussieren darauf, die gesetzlichen Vorgaben umzusetzen. Auch Fragen der IT-Sicherheit spielen bei Ihnen eine vergleichsweise große Rolle. Sie bauen dabei hauptsächlich auf die Arbeit anderer Kommunen und der Länder auf. Diese Kommunen setzen gerne auf bestehende Dienste und arbeiten mit anderen Institutionen zusammen. Dadurch können Ressourcen geschont und Synergien genutzt werden. Diese Kommunen führen Neuerungen nicht unbedingt als erste ein, sondern nutzen eher bestehende Innovation, wenn nach der Erledigung der Pflichtaufgaben noch genügend Ressourcen zur Verfügung stehen oder wenn neue Ressourcen erschlossen werden können. Vertreten sind in dieser Gruppe besonders häufig kleinere Städte und Gemeinden.
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Der Optimierer: „Eine effiziente und wirksame Verwaltung ist das A und O!“
Die Optimierer legen ihren Fokus auf die Verwaltungsdigitalisierung. Mit einem betriebswirtschaftlich geprägten Denken streben die Kommunen ein effizientes Leistungsangebot der Verwaltung an. Hierauf konzentrieren sie sich und bearbeiten Fragen mit großer Sorgfalt. Die Optimierer sind besonders häufig Kreise.
Der Serviceorientierte: „Wir l(i)eben und gestalten Service!“
Für die Serviceorientierten soll Verwaltung den Menschen dienen. Deshalb steht für diesen Typ die Zufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger sowie der Mitarbeitenden im Mittelpunkt. Die örtliche Gemeinschaft findet Gehör und deren Impulse werden aufgenommen. Diese Kommunen bedienen dabei mehrere kommunale Handlungs- und Themenfeldern. Häufig verfolgen Gemeinden den Ansatz dieses Kommunaltyps.
Der Community Manager: „Gemeinsam gestalten wir Kommune!“
Die Community Manager sind aktive Treiber der Digitalisierung. Sie sind oft weiter in der Digitalisierung ihrer eigenen Organisation als andere Kommunen und beschäftigen sich mit einem breiten Spektrum kommunaler Handlungsfelder. Die Weiterentwicklung der kommunalen Daseinsvorsorge, digitale Innovationen und der Aufbau von Digitalkompetenz in Wirtschaft und Bevölkerung werden dabei gezielt unterstützt. Überproportional häufig entsprechen Städte diesem Kommunaltypen.

2. Weitere Unterschiede zwischen den Typen
Im Vergleich zeigen sich spannende Unterschiede zwischen den Typen: Während beispielsweise bei Optimierern und Community Managern bereits häufiger Chief Digital Officers (CDO) oder Chief Information Officers (CIO) in der Verantwortung stehen, setzen Bedächtige und Serviceorientierte in Digitalisierungsfragen schwerpunktmäßig auf die traditionellen Fachbereiche IT und Organisation ihrer Kommunalverwaltung.
Auch bei der Online-Partizipation zeigen sich beispielhafte Unterschiede. Optimierer greifen häufiger auf Befragungen zur weiteren Optimierung ihrer Services zurück. Serviceorientierte nutzen eher Hinweise aus Mängelmelder-Systemen, die auch von fast der Hälfte der Bedächtigen eingesetzt werden. Community Manger bieten darüber hinaus eher auch Möglichkeiten zur Online-Beteiligung an Bürgerhaushalten und Planfeststellungsverfahren.
3. Keine Blaupause für die Digitalisierung
Die Darstellung der Kommunentypen wurde in der Studie bewusst zugespitzt. In den Kommunen lassen sich oft genug Elemente von mehreren Typen finden. Die Darstellung zeigt so, dass sich eine allgemeingültige „Blaupause“ für die kommunale Digitalisierung nicht ausmachen lässt. Die stereotype Darstellung hilft dabei, das eigene Handeln widerzuspiegeln, blinde Flecken zu erkennen, sich von eingeschlagenen Pfaden auch wieder lösen zu können und offen dafür zu sein, von anderen Kommunen zu lernen.
Die Autor:innen Nicole Opiela und Mike Weber vom Kompetenzzentrum Öffentliche IT(ÖFIT) sowie Annika Kellmann und Marc Groß von der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) zeigen in ihrer Studie so, wie unterschiedlich die Digitalisierung in den Kommunen aktuell angegangen wird. Für die Kommunen liefern sie so Inspirationen, um eigene Prozesse und Denkweisen zu hinterfragen.
Zur vollständigen Studie
Autoren
Hüseyin Ugur Sagkal

Hüseyin Ugur Sagkal arbeitet als studentischer Mitarbeiter im Kompetenzzentrum Öffentliche IT (ÖFIT) zur Digitalisierung des öffentlichen Sektors. Er studiert im Master Verwaltungswissenschaften an der Universität Potsdam. Zudem arbeitet er als freiberuflicher Rhetoriktrainer.
Dr. Mike Weber

Dr. Mike Weber befasst sich mit gesellschaftspolitischen Dimensionen der Digitalisierung. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen im Bereich der Trend- und Zukunftsforschung, der verwaltungswissenschaftlichen Innovationsforschung sowie der digitalen Transformation der Zivilgesellschaft. Das Wechselspiel aus gesellschaftlich-technologischen Entwicklungen, ihre Adaptation durch den öffentlichen Sektor und sich daraus ergebende gesellschaftliche Wirkungen betrachtet er gleichermaßen unter technologischen (z.B. Künstliche Intelligenz) wie gesellschaftlichen (z.B. Digitale Gemeinschaften) Blickwinkeln.
Nachweise
¹Opiela, N. et al. (2019): Wie sind die Kommunen digital aufgestellt? Zuletzt abgerufen am 25.01.2021.
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