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Agile Lernräume in Form eines Makerspaces zur Gestaltung der digitalen Transformation des Unterrichts an Beruflichen Schulen

Titelbild: Projektraum 288, Landratsamt Ostalbkreis
Autorin: Melanie Graf


„Was du mir sagst, das vergesse ich. Was du mir zeigst, daran erinnere ich mich. Was du mich tun lässt, das verstehe ich.“ Dieses chinesische Sprichwort steht sinnbildlich für den Ansatz der Arbeit. Bildung wird darin als ein aktiver, erfahrungsbasierter Prozess verstanden. Der Begriff „Bildung“ umfasst nicht nur Wissen und Intellektualität, sondern auch Individualität, Persönlichkeit und die Entwicklung von Talenten. Nach dem Humboldt’schen Bildungsideal ist Bildung ein Prozess der Selbstentfaltung.[1]

1. Einleitung

Das Bildungssystem in Deutschland ist staatlich geprägt und steht vor der Herausforderung, auf gesellschaftliche und technologische Veränderungen zu reagieren. Durch die fortschreitende Digitalisierung verändern sich Arbeitswelt und Lebensformen nachhaltig. Diese Entwicklungen erfordern neue Lernmethoden, flexible Unterrichtsformen und angepasste Lernumgebungen, die junge Menschen auf die digitale Gegenwart und Zukunft vorbereiten [2].

Ziel der Arbeit ist die Konzeption eines Projektraumes, der im Sinne eines Makerspaces neue Lehr- und Lernformen ermöglicht. Anhand der Kaufmännischen Schule Schwäbisch Gmünd wird aufgezeigt, welche Optionen es gibt, einen modernen, digitalen Lernraum zu gestalten, der das Lernen durch praktische, kreative und kooperative Arbeit fördert.

Diese Arbeit wurde im Rahmen eines Weiterbildungsangebotes der ZDE-Akademie erstellt. Seit fünf Jahren bietet die ZDE-Akademie zertifizierte, praxistaugliche Weiterbildung zu den wichtigsten Digitalisierungsthemen von heute und morgen an. Mehr erfahren →

2. Projektarbeitsraum

2.1. Begriffsklärung

Ein Makerspace ist ein Raum des Machens und Verwirklichens. Der Begriff leitet sich vom englischen make („machen“) ab und bezeichnet Orte, an denen Menschen gemeinsam Ideen entwickeln, ausprobieren und umsetzen. Die Wurzeln liegen in den „TechShops“ der 2000er-Jahre, die gegen geringe Gebühr Werkzeuge und Software bereitstellten. Heute steht der Begriff für offene Werkstätten, in denen digitale und analoge Technologien gleichermaßen genutzt werden [3].

Der Makerspace ist eng mit dem gesellschaftlichen Trend des Do it yourself (DIY) verbunden. Durch digitale Fabrikationsverfahren wie 3D-Druck, Lasercutter oder computergesteuerte Nähmaschinen entstanden neue Möglichkeiten des eigenständigen Gestaltens. Daraus entwickelte sich die sogenannte Maker-Bewegung, die sich durch gemeinsames Arbeiten, Teilen von Wissen und kreatives Problemlösen auszeichnet [4].

Makerspaces sind heute in Schulen, Hochschulen, Bibliotheken und Unternehmen verbreitet. Sie werden auch als FabLabs oder Hackerspaces bezeichnet und unterscheiden sich in Schwerpunkt und Ausstattung. Die Gestaltung hängt von den Zielen und Bedarfen der jeweiligen Institution ab [5].

2.2. Pädagogisches Potenzial

Aus der Maker-Bewegung hat sich der pädagogische Ansatz der Maker Education entwickelt. Dieser fördert das Lernen durch praktisches, kreatives und projektorientiertes Handeln. Kinder und Jugendliche sollen aktiv, selbstbestimmt und kooperativ lernen. Der Ansatz bricht mit dem klassischen Prinzip der 7-G-Schule – gleichaltrig, gleiche Lehrkraft, gleiche Lernmittel, gleiches Tempo, gleiche Ziele, gleiche Zeit, gleich gut erreichbar – und ersetzt es durch entdeckendes und erfahrungsbasiertes Lernen [6].

Die Maker Education beruht auf neun Grundprinzipien: machen, teilen, geben, lernen, suchen, spielen, mitmachen, unterstützen und verändern [7]. Sie schafft Lerngelegenheiten, bei denen Theorie und Praxis verbunden werden. Durch die Arbeit an realen Aufgaben wird handlungsorientiertes, fächerübergreifendes Lernen ermöglicht. Fehler gelten als Bestandteil des Lernprozesses und werden als Chance zur Verbesserung verstanden [8].

Im Mittelpunkt steht das Prinzip „Lernen durch Machen“. Diese Lernform ermöglicht Differenzierung, fördert Selbstständigkeit und bietet vielfältige Zugänge zu Wissen.

2.3. Zielsetzung

Ziel ist es, den Ansatz der Maker Education im Berufsschulwesen umzusetzen und jungen Menschen neue Lernwege zu eröffnen. Am Beruflichen Schulzentrum Schwäbisch Gmünd – bestehend aus Gewerblicher, Kaufmännischer und Sozial-/Gesundheitlicher Schule – soll insbesondere die Kaufmännische Schule von der Einrichtung profitieren, da hier kaum Werkstätten vorhanden sind.

Der Projektraum soll folgende Aspekte fördern:

  • Praktisches Lernen: Arbeit an realen, fächerübergreifenden Projekten.
  • Kreativität und Innovation: Entwicklung eigener Lösungswege ohne vorgegebenes Muster.
  • Technologiekompetenz: Kennenlernen moderner digitaler Werkzeuge wie 3-D-Drucker, Green Screen oder Podcast-Studio.
  • Medienkompetenz und Fehlerkultur: Kritischer Umgang mit Medieninhalten und bewusste Auseinandersetzung mit Fehlern.
  • Produzieren und Präsentieren: Präsentation der Ergebnisse zur Förderung von Kommunikation und Teamarbeit [9]

3. Ausstattungsszenarien des Projektraumes

3.1. Ausstattungsoptionen

Bei der Gestaltung des Raumes ist ein pädagogisches Gesamtkonzept entscheidend. Der Raum soll flexibel, inspirierend und funktional sein. Möbel müssen multifunktional einsetzbar und leicht veränderbar sein, damit unterschiedliche Arbeitsphasen – von der Ideenfindung bis zur Präsentation – unterstützt werden. Damit wird der Gedanke des „Raums als dritten Pädagogen“ aufgegriffen [10].

Die thematischen Schwerpunkte eines Makerspaces können variieren. Typische Bereiche sind:

  • Coding und Robotik: Vermittlung von Programmierkenntnissen durch Microcontroller, Roboter (Sphero Bolt, BlueBot u. a.) und LED-Technik [11].
  • Hand- und Heimwerken: Arbeit mit Werkzeugen und digitalen Maschinen wie Schneideplotter, 3-D-Drucker, digitale Nähmaschinen oder Lasercutter (vgl. Makerspace Gießen).
  • Audio- und Videoproduktion: Aufnahme- und Schnittmöglichkeiten für Podcasts, Hörspiele oder Videos. Ausstattung mit Green Screen, Beleuchtung, Mikrofonen und entsprechender Software [12].

Diese Ausstattungen ermöglichen es, Medien-, Design- und Technikkompetenz zu verbinden und kreative Arbeitsprozesse umzusetzen.

3.2. Festlegung für die Kaufmännische Schule Schwäbisch Gmünd

An der Kaufmännischen Schule ist der Raum H288 als Makerspace vorgesehen. Er umfasst 82 m² und einen Nebenraum:

Abbildung 1: Projektraum 288, LRA Ostalbkreis

Der Schwerpunkt liegt aufgrund des kaufmännischen Profils weniger auf handwerklicher Arbeit, sondern auf medialer Produktion.

Vier zentrale Funktionsbereiche sind vorgesehen:

  1. Videostudio mit Green Screen,
  2. Podcast- und Audioaufnahmebereich,
  3. Präsentationsfläche für Schulungen und Projekte,
  4. Gruppenarbeitsbereich mit flexibler Möblierung und Stauraum.

Die Raumgestaltung soll variable Nutzungsszenarien ermöglichen. Leistungsstarke PC-Arbeitsplätze unterstützen die Nachbearbeitung von Audio- und Videomaterial. Die Ausstattung wird schrittweise erweitert und an neue Themen angepasst.

4. Nutzungsszenarien

4.1. Einbindung in den Schulalltag

Der Makerspace kann in verschiedenen Bildungsgängen und Fächern eingesetzt werden. In kaufmännischen Ausbildungen werden beispielsweise Verkaufsgespräche oder Präsentationen aufgenommen und analysiert. Im Fach Projektkompetenz können Medienprojekte nach agilen Methoden wie SCRUM durchgeführt werden.

Beispiele für Einsatzmöglichkeiten:

  • Erstellung von Videofilmen zu Ausbildungsberufen,
  • Gestaltung von Flyern oder digitalen Kampagnen,
  • Interviews und Podcasts zu fachspezifischen Themen,
  • Marketingprojekte in der Übungsfirma,
  • sprachliche Projekte mit Fremdsprachen-Podcasts oder Green-Screen-Videos,
  • mediale Umsetzung von Nachhaltigkeitsthemen im Rahmen der Fair-Trade-Schule.

Der Raum kann auch außerhalb des Regelunterrichts genutzt werden – etwa an Projekttagen, bei der Berufsorientierung oder in Arbeitsgemeinschaften.

Darüber hinaus ist ein System von Mikrozertifikaten vorgesehen. Durch aufeinander aufbauende Module können Schülerinnen und Schüler Kompetenzen in Film-, Ton- und Schnitttechnik erwerben. Diese Zertifikate dienen als Nachweis spezifischer Medienkenntnisse.

4.2. Besondere Formate

Der Makerspace steht auch anderen Schulen des Schulzentrums offen – der Agnes-von-Hohenstaufen-Schule und der Gewerblichen Schule. Insgesamt profitieren rund 2.500 Lernende. Ebenso können externe Partner, Ausbildungsbetriebe und Bildungseinrichtungen Projekte im Raum durchführen.

Ein besonderes Format sind Ferien- und Medienwochen, in denen Schülerinnen und Schüler ihre Medienkompetenz in Workshops ausbauen. Diese Formate unterstützen spielerisches, praxisnahes Lernen und fördern zugleich Selbstständigkeit und Teamarbeit.

Darüber hinaus eignet sich der Raum für Informations- und Elternabende, um Einblicke in den digitalen Unterricht zu geben. Auch Lehrkräfte können den Raum für eigene Fortbildungen nutzen. Damit wird der Makerspace zu einem zentralen Ort der schulischen Weiterbildung und Digitalisierung.

5. Ausblick

Makerspaces stellen einen neuen Denkansatz im Bildungssystem dar. Sie eröffnen Möglichkeiten für kreatives, handlungsorientiertes und selbstbestimmtes Lernen. Im schulischen Kontext erfordert ihre Einführung jedoch ein umfassendes Konzept, das pädagogische, organisatorische und technische Aspekte berücksichtigt [13].

Ein Raum allein genügt nicht; entscheidend ist die Einbindung in Unterricht und Schulentwicklung. Ziel bleibt die Förderung von Wissenserwerb und Kompetenzen, die für die digitale Arbeitswelt notwendig sind.

Der Schwerpunkt eines schulischen Makerspaces muss klar definiert werden. Nicht alle Ausstattungsszenarien lassen sich gleichzeitig realisieren; Auswahl und Schwerpunktsetzung richten sich nach den Bildungszielen der Einrichtung.

Die Einrichtung eines Makerspaces bietet die Chance, Unterricht zu modernisieren und Lernprozesse aktiv zu gestalten. Sie ersetzt jedoch nicht bestehende Strukturen, sondern ergänzt sie um neue Formen der Wissensvermittlung. Methodik und Didaktik werden sich weiterentwickeln und erfordern eine enge Zusammenarbeit von Pädagogik, Technik und Raumplanung.

Der Makerspace an der Kaufmännischen Schule Schwäbisch Gmünd wird als Ausgangspunkt gesehen, um agile Lehr- und Lernmethoden zu erproben und Erfahrungen in der praktischen Umsetzung zu sammeln. Damit entsteht ein Raum, in dem moderne Technologien, kreative Prozesse und pädagogische Innovationen zusammenfinden.

Quellenverzeichnis

Über Urban Digital

Dieses Portal informiert über Themen, Akteure, Projekte und Strategien rundum die digitale Stadt. Unsere Vision ist es, die Triebkraft der Digitalisierung in die Bahnen einer erstrebenswerten Stadtentwicklung zu lenken.

Dazu forcieren wir den inhaltlichen Austausch über die digitale Stadt zwischen Akteuren aus Forschung, Wirtschaft, öffentlicher Verwaltung und Zivilgesellschaft.

Artikel

Melanie Graf
Melanie Graf
Sachgebietsleiterin Schule und Bildung, Landratsamt Ostalbkreis

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