Die kommunale Siedlungsentwicklung steht – selbst in stagnierenden oder schrumpfenden Regionen – vor der Herausforderung, geeignete Flächen für Wohnen, Gewerbe und Einzelhandel bereitzustellen. Dabei steht in der Praxis oft die Umsetzbarkeit im Mittelpunkt, nicht aber die mittel- bis langfristigen Aus- und Folgewirkungen.
Genau hier setzt das Forschungsprojekt „Projekt-Check“ an: Es werden die beiden kostenlosen Werkzeuge Web-Check und Profi-Check entwickelt, die eine Vorprüfung von Flächen- und Standortplanungen „mit ein paar Klicks“ ermöglichen.
1. Grundidee von Projekt-Check
Die Entwicklung und Verbreitung von Projekt-Check wird vom Bundesministerium für Forschung und Bildung im Rahmen der Fördermaßnahme „Nachhaltiges Landmanagement“ mit dem Ziel gefördert, die Neuinanspruchnahme von Flächen zu reduzieren und eine nachhaltige Siedlungsentwicklung zu unterstützen. Einen kurzen Überblick bietet zum Einstieg der projekteigene Infofilm.
Die Werkzeuge nutzen öffentlich und bundesweit verfügbare Daten, um die Auswirkungen von Planungen auf das jeweilige Umfeld darzustellen. Hierdurch soll in einer frühen Planungsphase die Informations- und Entscheidungsgrundlage verbessert werden, um Fehlplanungen zu vermeiden. Die abschließende Bewertung einer Fläche bzw. einer Planung als „geeignet“ oder „nicht geeignet“ ist dabei nicht Bestandteil der Werkzeuge. Diese Einschätzung soll und muss weiterhin in der Hand der jeweiligen Zuständigen liegen, da diese über das nötige Erfahrungswissen sowie die lokalen Kenntnisse und Daten verfügen, die für eine belastbare Bewertung nötig sind. Die Werkzeuge von Projekt-Check sollen in diesem Prozess viel mehr als Entscheidungsunterstützung gesehen werden, die dabei helfen sollen, erste fachliche Vorprüfungen vorzunehmen und dabei Zeit und Aufwand zu sparen. Erläuterungen zur Methodik und den zugrunde liegenden Daten finden sich in einer eigenen Dokumentation, die über die Projekthomepage zur Verfügung gestellt wird.
2. Anwendung von Web-Check
Was kann ich mit dem Werkzeug machen?
Als Variante für den schnellen Einstieg steht Web-Check zur Verfügung – ein Werkzeug, welches einfach und kostenlos im Browser angewendet werden kann. Nach einer kurzen Projektdefinition und dem Einzeichnen des Plangebiets in eine Karte, ermöglicht Web-Check auf Basis von voreingestellten Parametern und allgemein verfügbaren Daten eine erste Abschätzung in fünf Wirkungsbereichen. Eine vollständige Übersicht der Wirkungsbereiche inkl. Beschreibung befindet sich auf unserer Internetseite. Dort finden sich auch Informationen zu Profi-Check, einem GIS-basierten Analysetool. Dieses bietet neben zwei weiteren Wirkungsbereichen (vgl. Abbildung 1) auch die Möglichkeit, Parameter anzupassen und die Flächenprüfung somit stärker auf die lokalen Gegebenheiten zu spezifizieren.

Die Ergebnisse der Vorprüfung können in Web-Check als PDF gespeichert, gedruckt oder exportiert und zu einem späteren Zeitpunkt wieder online bearbeitet werden. Sämtliche Eingaben, die online gemacht werden, werden nicht gespeichert und zum Datenschutz automatisch nach dem Schließen des Browserfenster gelöscht.
Die Wirkungsbereiche von Web-Check bieten die Möglichkeit, schnell in die Vorprüfung einer Fläche einzusteigen, d.h. sich zunächst ein grundsätzliches Bild der Auswirkungen einer angestrebten Planung (ggf. in Varianten) zu machen und eventuelle Konflikte frühzeitig zu erkennen. Das Werkzeug ist modular aufgebaut, sodass je nach Anwendungszweck auch nur bestimmte Themen betrachtet werden können.
Wie arbeite ich mit dem Werkzeug?
Beispielhaft soll nachfolgend ein mehrheitlich mit Einfamilienhäusern geplantes Wohngebiet mit Hilfe von Web-Check in zwei Wirkungsbereichen vorgeprüft werden. Neben dem Einstieg in das Arbeiten mit dem Werkzeug, wird die Prüfung der Erreichbarkeit von Infrastruktureinrichtungen sowie die Klärung möglicher ökologischer Konfliktpotentiale mit Web-Check aufgezeigt.
Einstieg: Eingabe der Basisdaten und Einzeichnen der Fläche
Die Vorprüfung in Web-Check startet mit der Eingabe der jeweiligen Kommune, in der sich das Plangebiet befindet. Ist die Kommune ausgewählt, erscheint ein Button mit der Beschriftung „Bisherige Entwicklung“. Dieser Bereich bietet einen Überblick (vgl. Abbildung 2) zu folgenden wichtigen Kennziffern:
*Einwohner/-innen: Entwicklung der Einwohnerzahl in den letzten 10 Jahren
*Beschäftigte: Entwicklung der Beschäftigtenzahl unterteilt in „Wohnsitz und Arbeitsstätte in der Gemeinde“, „Einpendler“ und „Auspendler“
*Flächennutzung: Anteil der Flächennutzung (Gewerbe, Verkehr, Wald, Landwirtschaft, sonstige Siedlungsfläche, Erholung und Wohnen) in Prozent an der Gesamtfläche. Außerdem können die Flächengrößen in Hektar angezeigt werden. Zur besseren Einordnung und zum Vergleich wird außerdem der Durchschnitt ähnlich großer Kommunen in dem jeweiligen Bundesland angezeigt
Durch die übersichtliche Darstellung der kommunalen Entwicklung können erste Fragestellungen, wie „Wächst oder schrumpft die Kommune?“, „Ist die Kommune eher ländlich oder urban geprägt?“, beantwortet und somit eine erste Einordnung vorgenommen werden. Dies ist insbesondere für Planer*innen ohne Ortskenntnisse von Interesse.
Um mit der Vorprüfung beginnen zu können, muss das Plangebiet im nächsten Schritt eingezeichnet werden. Hierzu kann je nach Bedarf zwischen Karten- und Satellitenbildansicht gewechselt werden. Anschließend werden grundlegenden Basisdaten (Gebietsart, Gebietstyp und Bezugsdauer) definiert. Hierzu wird z.B. für die Gebietsart „Wohnen“ der Gebietstyp „Einfamilienhausgebiet mit wenigen Doppelhäusern“ mit einer Dichte von 13 Wohneinheiten pro ha Baulandfläche aus einer Liste von voreingestellten Werten ausgewählt (vgl. Abbildung 3).

3. Wirkungsbereiche
Erreichbarkeit
In diesem Wirkungsbereich werden Fahrzeit-Isochrone, also Gebiete die zu Fuß, mit dem Rad oder Auto innerhalb von 10 Minuten erreichbar sind, dargestellt (vgl. Abbildung 4). Zudem werden verschiedene Infrastruktureinrichtungen in der Umgebung eingeblendet – bspw. Kindertagesstätten, Schulen oder Supermärkte. Aus der Überlagerung dieser beiden Informationen wird erkennbar, wie gut umliegende Einrichtungen des alltäglichen Lebens vom Plangebiet aus erreichbar sind. So kann schnell festgestellt werden, ob wichtige Einrichtungen im Einzugsgebiet eventuell fehlen bzw. nur mit einer längeren Wegzeit erreichbar sind.
Für den Fall, dass die voreingestellten Wegzeiten nicht zielführend sind, kann für eine detaillierte und passgenaue Prüfung auf Profi-Check gewechselt werden. Hier können beispielsweise die Wegzeiten individuell konfiguriert und die Anbindung des Plangebietes an den ÖPNV überprüft werden.
Fläche und Ökologie
Dieser Wirkungsbereich ermöglicht eine Einblendung von Flächen des Natur- und Landschaftsschutzes, die bei Planungen berücksichtigt werden sollten. Je nach Schutzstatus kann eine Überlappung des Plangebiets unterschiedliche Folgen haben, die von einer Nutzungseinschränkung über umfangreiche Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen bis hin zu einer Nicht-Genehmigungsfähigkeit reichen können. Potenzielle Konflikte lassen sich in Web-Check durch die überlagerte Darstellung leicht erkennen.
Die Vorprüfung (vgl. Abbildung 5) ergibt, dass das beispielhafte Wohngebiet in Konflikt zu Flächen des Naturschutzes und Landschaftsschutzes steht. Konkret überlappt es in Teilen mit einem Vogelschutzgebiet und zum anderen befindet es sich vollständig innerhalb eines Naturparks. Aufgrund der Überschneidungen mit den Schutzgebieten, wäre es sinnvoll eine besser geeignete Fläche zu finden. Denkbar wäre hierzu eine Variantenprüfung mit Hilfe von Web-Check. So könnte das Werkzeug die Planung bei der Entscheidungsfindung für eine ökologisch, ökonomisch und sozial sinnvolle Fläche unterstützen.
Um die Ergebnisse von Web-Check generell nachvollziehen zu können, finden Sie eine methodische Erläuterung aller fünf Wirkungsbereiche auf der Projekt-Check Webseite zum Download.
4. Weiterführende Informationen
Für weiterführende Informationen besuchen Sie unsere Internetseite oder kontaktieren Sie uns direkt.
- Stefan Wilms, Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung,
- Stephan Große, HafenCity Universität Hamburg,