Montag, 20. Mai 2024

Urban Digital Guide

In den vergangenen Jahren haben Städte zahlreiche Strategien und Projekte zur Digitalisierung umgesetzt und dabei in der Zusammenarbeit mit Lösungsanbietern und Forschungseinrichtungen wertvolles Erfahrungswissen generiert.

Daher fragen wir unser Netzwerk: Welchen inhaltlichen Tipp würden Sie einem kommunalen Digitalisierungsbeauftragten für die Umsetzung von Smart-City-Projekten mit auf den Weg geben?

IDBeschreibungThemenschwerpunkte
1

Full-Service-Pakete für ressourceneffiziente Umsetzung von kommunale Digitalprojekten in Anspruch nehmen

In den vergangenen Jahren lässt sich die Entwicklung beobachten, dass kommunale Haushalte immer stärker durch Pflichtaufgaben beansprucht werden. Dadurch bleiben wenig Ressourcen für freiwillige Digitalprojekte und zudem erschweren die kommunalen Besoldungsbestimmungen die Gewinnung von qualifiziertem IT-Personal. Positiv gewendet eröffnet sich dadurch ein Markt für Lösungsanbieter, die Rundum-Pakete (Aufbau, Ausrollen und Betrieb) für Kommunen anbieten. Durch die großen Skalierungseffekte ist ihre Lösung auch günstiger, als wenn einzelne Kommune(-verbünde) diese eigenständig entwickeln würden.

Smart City Allgemein (Strategie und Projekte), Vergabewesen, Digitale KompetenzenDr. Wolfgang Beckröge
2

Stadtlabore bedarfs- und beteiligungsorientiert aufbauen

Die Schaffung eines Stadtlabors ist eine herausragende Möglichkeit, eine leerstehende Fläche in innerstädtischer Lage zu einem lebendigen dritten Ort und Frequenzbringer zu entwickeln. Dort können Bürger:innen die Digitalisierung mit Workshops und Informationsveranstaltungen rundum Technologien wie 3D-Drucker, Sensorik und VR erleben. Die Praxis zeigt jedoch, dass die Angebote dieses Stadtlabors sich nach den Bedarfen der lokalen Akteure richten müssen. Deshalb werden im mitmach.RAUM in Lünen neben digitalen Themen auch Sprachcafés, Sprechstunden für Senior:innen und Ehrenamtliche und Klimaworkshops für Kindergärten und Schulen angeboten.

Leerstandsmanagement, Digitale Beteiligung, Digitale Kompetenzen, StadtgesellschaftGregor Spanke
3

Leerstandsmanagement über digitale Plattform organisieren

Für die Bekämpfung des Leerstandes erweisen sich digitale Plattformen zum Ansiedlungsmanagement als hilfreich, weil sie die verschiedenen, für den Erfolg notwendigen Bausteine, automatisiert zusammenbringen: die Identifizierung von zielbildorientierten Nachmietern, die Förderung der Zusammenarbeit zwischen Stakeholdern, eine zielgerichtete Vermittlung, die datenbasierte Entscheidungsfindung und Skalierbarkeit. In Bremen wurden dadurch viele Kontakte zu interessierten Mieter:innen aus den Nachbarländern Dänemark und Niederlande ausfindig gemacht.

Immobilienwirtschaft, Leerstandsmanagement, City ManagementMartina Skaro
4

Für effektives Leerstandsmanagement zuallererst Flächenbesitzer:innen kennenlernen

Für ein erfolgreiches Ansiedlungsmanagement gilt es im ersten Schritt, die Flächenbesitzer:innen kennenzulernen und dann
alle innenstadtrelevanten Stakeholder gezielt an einen Tisch zu bringen. Sind die Bedürfnisse ausformuliert, sollte die
Kommune gemäß einer ganzheitlichen Innenstadtstrategie einen vielfältigen Mix an Nutzungskonzepten für Leerstände ins Auge fassen. Um die Bedürfnisse der Flächensuchenden und -besitzer:innen passgenau und effizient verbinden zu können, bieten sich Plattformen für digitales Ansiedlungsmanagement an.

Immobilienwirtschaft, Leerstandsmanagement, City ManagementMartina Skaro
5

Maschinen- und Messdaten für die kommunale Datensouveränität unterscheiden

Bei der Ausformulierung von Zugriffs- und Weiterverwendungsrechten für Rohdaten, sollte die Unterscheidung zwischen Maschinen- und Messdaten beachtet werden. Beispielsweise melden kalibrierte Luftqualitätssensoren interne Maschinendaten wie “8e2a” an eine – oft in einer Cloud liegende – Kalibrierungssoftware, die aus der Summe der gemeldeten Werte echte Messwerte wie “32 µg/m3 NO2” errechnet. Diese errechneten Messdaten sind dann die „echten“ Rohdaten, die Kommunen eine Anbieterunabhängigkeit ermöglichen.

Kommunales Datenmanagement, Vergabewesen, Internet of Things, Digitale Souveränität, LuftqualitätsmessungRobert Heinecke
6

Make or Buy-Entscheidung für digitale Lösungen realistisch abwägen

Bei der Grundsatzentscheidung Eigenfertigung oder Fremdbezug für digitale Lösungen sollten Kommunen stets die Eigenart des Anwendungsfalls und ihre eigene Größe beachten. So gilt beispielsweise für den wissenschaftlich komplexen Anwendungsfall der Luftmesssensorik: Ein Stadtstaat kann seine Luftmessaktivitäten eigenständig betreuen und auswerten. Für eine Kleinstadt ohne qualifiziertes umweltwissenschaftliches Personal wäre es sinnvoller, mit externen Dienstleistern zusammenzuarbeiten. Dazwischen ist der Übergang fließend, je nach vorhandener Kompetenz.

Internet of Things, Betriebsmodell, LuftqualitätsmessungRobert Heinecke
7

Kommunale Sensorinventur pflegen

Es ist sinnvoll, die in der Kommune verbaute Sensorik an einem zentralen Ort zu dokumentieren. Dort sollte neben allgemeinen Informationen zu Standort, Datenübertragung etc. auch eine Dokumentation zur Performance des Sensors (z.B. in Form von stichpunktartigen Wartungs- bzw. Ausfallprotokollen) und ergänzende Dokumente hinterlegt werden.

Digitale Infrastruktur, Internet of Things
8

Rechte für Datenzugriff und Bereitstellung als Open Data

Insbesondere bei der Auswahl von Lösungen mit Mobilitäts- und Klimabezug sollten Kommunen für die Sicherstellung ihrer digitalen Souveränität und für mehr Transparenz gegenüber der Stadtgesellschaft, auf die folgenden zwei Aspekte achten. In den Verträgen bzw. Nebenbestimmungen sollte geregelt werden, dass die Kommune a) einen Zugriff auf die erhobenen Daten (auch Rohdaten) erhalten und dass b) auch das Recht besteht, diese Daten als Open Data verwenden zu können.

Vergabewesen, Open Data, Kommunales Datenmanagement, Digitale SouveränitätAndré Wolf
9

Betrieb von Online-Marktplätzen und Gutscheinplattformen 

Der Aufbau eines regionalen Marktplatzes kann kostendeckend funktionieren, wie es das erfolgreiche Beispiel in Siegen vor der COVID-19-Pandemie zeigte. Allerdings erfordert ihr Betrieb ein hohes Commitment von kommunalen Akteuren sowie hohe Investitionen für die Kundengewinnung (Marketingkosten) und den Betrieb der Logistikinfrastruktur (Kuriere). Ein deutlich schlankeres Modell bietet in dieser Hinsicht eine Gutscheinplattform, die regionale Wertschöpfung mit gesellschaftlichen Mehrwerten kombinieren kann, in dem die Zivilgesellschaft einbezogen wird. Wichtig ist dabei die vertrauensvolle Behandlung der Händler bezüglich der Gutscheinsysteme.

Digitale Wirtschaftsförderung, Urbane Logistik, Online-Handel, StadtgesellschaftPatrick Schulte
10

Kommunale Jugendparlamentswahl digitalisieren

Um bei der Wahl des Jugendparlaments möglichst viele Wahlberechtigte zu erreichen, bietet sich die digitale Wahl des Parlaments an. Außerdem lassen sich selbst komplizierte Wahlregeln verständlich abbilden. Die Wahlen zu digitalisieren ist recht einfach: Da der rechtliche Rahmen der Gremien von den Kommunen vorgegeben wird, muss die Online-Wahl in der Regel lediglich in die Satzung oder Wahlordnung des Jugendparlaments aufgenommen werden. Eine erfolgreiche Fallstudie ist in dieser Hinsicht das Jugendparlament der Stadt Bottrop.
Digitale Beteiligung, Kinder und Jugendarbeit, StadtgesellschaftPeter Schraeder
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Informelle Bürgerbefragung digital durchführen

Auch rechtlich nicht bindende Bürgerbefragungen können inzwischen sicher und datenschutzkonform umgesetzt werden. Achten Sie darauf, dass externe Dienstleister ein anonymisiertes Wählerverzeichnis verwenden, sodass personenbezogene Daten gar nicht erst verarbeitet werden müssen. Für die Wahrung des Stimmgeheiminis sollten Sie darauf achtgeben, dass die Software eine Ende-zu-Ende-Verifizierbarkeit umfasst und das Wahlergebnis so unabhängig überprüfbar ist.
Digitale Beteiligung, StadtgesellschaftPeter Schraeder
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Laserscanner-Technologie als bewährte Datenerfassungsmethode für Innenstadtentwicklung

Es gibt diverse Technologien zur Frequenzmessung, von denen sich die Laserscanner-Technologie als ein äußerst praxistaugliches Mittel bewährt hat. Ihre Präzision ermöglicht eine genaue, datenschutzrechtlich-konforme Erfassung von Passant:innen, Radfahrer:innen und Fahrzeugen, wodurch Städte datenbasiert geplant werden können. Viele Kommunalverwaltungen, Wirtschaftsförderungen und der Handelsakteure nutzen die Laserscanner-Technologie, um Aufschluss über Mobilitätsdaten zu erhalten. Auch die Wirtschaftsförderung Lübeck hat dies bereits erfolgreich in einem Projekt umgesetzt.
Digitale Mobilität, Digitale Wirtschaftsförderung, ImmobilienwirtschaftMarion Thomé, Henry Florin
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Laufende Kosten und dauerhaften Betrieb im Blick haben

Die Initialzündung für Smart-City-Projekte geben häufig Förderprogramme. Damit lassen sich die anfänglichen Investitionen decken. Im Kontext der Beschaffung von Softwarelösungen und dem laufenden Betrieb von Systemen entstehen auch erhebliche laufende Kosten, die nach Auslaufen der Förderungen gestemmt werden müssen. Gespräche über den langfristigen Betrieb sowie die dazugehörige Finanzierung zwischen Smart-City-Projekteinheiten und Fachabteilungen müssen also frühzeitig geführt werden.
Betriebsmodell, VergabewesenPia Dudel
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Erst Pilotieren – Dann Skalieren

Pilotanwendungen sind entscheidend für die Skalierung von Smart -City-Projekten, da sie Konzepte validieren, Erfahrungen sammeln, Partnerschaften ermöglichen, Lösungen anpassen und Risiken mindern. Sie bieten eine reale Umgebung zur Überprüfung von Technologien, zur Anpassung an lokale Bedingungen und zur Entscheidungsfindung über größere Investitionen basierend auf fundierten Daten und Erfahrungen. Beispiele für Projekte in der Pilotierungsphase finden sich in der Maßnahmenübersicht des interkommunalen Modellprojektes Smart Cities Aalen und Heidenheim.
Projektmanagement, Smart City Allgemein (Strategie und Projekte)Pia Dudel
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Kostenfreie Geobasisdaten der Bundesländer

Beim Aufbau des digitalen Zwillings ist es ratsam, die Geobasisdaten der Bundesländer zu berücksichtigen, die sie aufgrund der EU-INSPIRE-Richtlinie kostenfrei zur Verfügung stellen. Eine entsprechende Übersicht dieser Geobasisdaten findet sich hier.
Digitale Zwillinge, Open DataHenry Willem Farr
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Semantische und Mesh-3D-Stadtmodelle 

Unterschiedliche 3D-Stadtmodelle bieten spezifische Vorteile für bestimmte Einsatzgebiete. Semantische 3D-Stadtmodelle, die auf CityGML basieren, werden in der Stadtplanung und Simulation bevorzugt, da sie Interaktionen mit einzelnen 3D-Objekten ermöglichen und eine hohe Modellplastizität aufweisen (Beispiel Stadt Soest). Mesh-Modelle, erstellt aus Punktwolken, eignen sich besonders für das Stadtmarketing und die Öffentlichkeitsarbeit, da sie durch die hohe Qualität der Visualisierung und das vermittelte Raumgefühl überzeugen (Beispiel Stadt Düsseldorf).
Digitale Zwillinge, StadtplanungHenry Willem Farr
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Strategie und Verwaltungsmodernisierung als Basis

Bevor kommunale Digitalisierungsbeauftragte Smart-City-Projekte umsetzen, sollten sie zunächst im Einvernehmen mit der kommunalen Politik ein strategisches Vorgehen abstimmen. Die kommunale Digitalisierung beginnt dann oft schwerpunktmäßig mit Grundlagen der Verwaltungsmodernisierung, das bedeutet der Einführung der E-Akte, einem optimierten Prozessmanagement, Ende-zu-Ende-Digitalisierung und der Stärkung der Digitalkompetenz der Mitarbeiter:innen.
Change Management, Digitale Kompetenzen, VerwaltungsdigitalisierungPhilipp Stolz
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Web-App vs. Native App

Für eine kommunale App sollte man die Grundsatzentscheidung Native App oder Web-App fundiert abwägen. Native Apps wie Smart Region AUF bieten eine hohe Leistung und direkten Zugriff auf die vollständige Gerätefunktionalität, was für interaktive Funktionen vorteilhaft sein kann. Thematisch fokussierte Web-Apps wie Sulz360 hingegen sind plattformunabhängig und einfacher zu warten.
Smart-City-AppDimitri Ravin
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Betreibermodelle für IoT-Netzinfrastruktur

Die digitale IoT-Infrastruktur bildet das Rückgrat für die Echtzeitdatenversorgung der Smart City und zugehörigen Plattformen. Sie umfasst dabei auch physische Netzinfrastrukturen wie Sensoren und Gateways sowie deren kontinuierlichen Betrieb. Um langfristig nachhaltige Betreibermodelle sicherzustellen, sind anfänglich finanziell tragfähige oder regulatorisch verpflichtende Anwendungsfälle (s. Smart Metering und Energiedatenmonitoring) erforderlich, da diese als Basis für weitere Smart City-Anwendungen (wie etwa Umweltsensorik) und fungieren.
Internet of ThingsDr. Jan-Philipp Exner
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Ausschreibungen für Start-ups

Um die Ausschreibung für Start-ups zu vereinfachen, lohnt sich ein Blick in die Cheat-Sheets des KOINNO, dem Kompetenzzentrum innovative Beschaffung des Bundeswirtschaftsministeriums. Diese bieten einen Bundesländer-spezifischen Überblick zu den relevanten Akteuren und Informationen, die für eine innovative Beschaffung von Bedeutung sind.
VergabewesenJustus Pohle
21

Open-Source-Anwendungen gemeinsam entwickeln

Um die kontinuierliche Weiterentwicklung einer auf Open Source basierenden Smart-City-Plattform oder App zu gewährleisten, empfiehlt es sich, dass Kommunen sich in einer Community zusammenschließen. Dies ermöglicht einen Austausch über Funktionen und eine Aufteilung der Programmierarbeit.
Eine ideelle Unterstützung durch IT-Dienstleister, wie etwa bei KODI-Digital, kann den kommunalen Verantwortlichen die Notwendigkeit von IT-Kenntnissen abnehmen, da solche Dienstleister ein eigenes Interesse an der hohen Qualität der Programmierung haben und die Anwendung in wenigen Wochen lancieren können. Ob mit oder ohne der Unterstützung eines IT-Dienstleisters ist es besonders wichtig, auf eine gründliche Dokumentation zu achten und diese als eigenes Arbeitspaket zu definieren.
Open SourceJustus Pohle
Jana Zieger

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  • Jana Zieger
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  • Dr. Jan-Philipp Exner
  • Justus Pohle
  • Eva Mayer
  • Dimitri Ravin
  • Philipp Stolz

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