Donnerstag, 21. November 2024
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Einladung zum Online-Austausch über Geoinformationen im Einsatz für Smart Cities – Praxisbeispiele im Überblick am 22. November

In Smart Cities sind Geodaten schon jetzt zu einem ganz wesentlichen Teil der Lösungen und Projekte geworden. Gemeinsam mit dem Deutschen Dachverband für Geoinformation e. V. (DDGI) möchten wir genau diese Entwicklung praxisorientiert beleuchten.

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Der Digitale Zwilling als Planungsgrundlage der Zukunft

Titelbild: © Zentrum für Digitale Entwicklung
Autor: Wolfgang Weiß


Der Begriff „Digitaler Zwilling“ ist in aller Munde. Doch was genau versteht man darunter? Was erhoffen sich Auftraggeber davon? Welche Anwendungsfälle sind realisierbar? Wie entsteht ein Digitaler Zwilling? Lohnt sich ein solcher Zwilling, oder kostet er nur Geld? Handelt es sich womöglich gar um einen Hype, der in wenigen Jahren schon wieder verpufft sein wird? In diesem Artikel hoffen wir, Ihnen darüber einen Überblick zu geben.

1. Auf einen Blick

Ein Digitaler Zwilling ist eine digitale Modellierung eines Gegenstandes, einer Immobilie oder eines bestimmten Gebiets. Je nach Definition umfasst der Zwilling verschiedene Stufen von der reinen Abbildung bis zum interaktiven Modell mit Echtzeit-Steuerungsfunktion. Erste Entwicklungen in diese Richtung gab es im Bereich des Maschinenbaus und der Großgeräte: Komplexe Anlagen großen Ausmaßes sollten so dargestellt werden, dass die vielfältigen Daten, welche beim Betrieb der Maschine anfallen, in einer übersichtlichen Darstellung ausgegeben und visualisiert werden konnten. Anstatt eine Vielzahl unterschiedlicher Anzeigen und Datenquellen abgleichen zu müssen, konnte eine mit der Überwachung der Maschine beauftragte Person nun auf einen Blick alle relevanten Betriebsdaten erfassen.

Diese Art der Modellierung wurde in der Folge auf weitere Anwendungsfälle ausgeweitet. Denken wir an eine Stadt und an die Vision einer Smart City, so fallen uns direkt mögliche Vorteile eines Digitalen Zwillings dieser Stadt auf: Echtzeit-Zugriff auf Daten aus dem gesamten Stadtgebiet, Wegfall bislang ortsfester Prozesse und gleichzeitig eine hochpräzise und vor allem realdatenbasierte Dokumentation der Ist-Zustände im Zeitverlauf.

Insbesondere bei dezentralen Fällen wie städtischer Infrastruktur stellt sich die Herausforderung, dass die Datenquellen ausgesprochen heterogen sind – also vielfältigste Sensorentypen und sonstige Datenlieferanten ihre Messwerte und Informationen an den Zwilling übermitteln. Dazu kommen oftmals beträchtliche geographische Distanzen zwischen den Sensorstandorten.

Waren „klassische“ Digitale Zwillinge noch so ausgelegt, dass eine ortsfeste Darstellung z. B. auf einem Display in einem Kontrollraum als ausreichend angesehen wurde, so hat sich in den letzten Jahren mit der zunehmenden Verlagerung von Diensten in die Cloud auch dieser Trend auf den Digitalen Zwilling übertragen. Die Ausgabeebenen moderner Digitaler Zwillinge sind folglich ortsunabhängig als webbasierte Anwendung bzw. als App auf nahezu beliebigen Endgeräten abrufbar.

Abb. 1 – Zentrum für Digitale Entwicklung: Schematische Darstellung einer Quartiersplanung mit diversen Infrastruktur- und Anwendungskomponenten wie Sensorik-Gateways, intelligenter Beleuchtung, Parkraummanagement, E-Lademanagement, Smarter Stadtmöblierung und Informationslösungen, Last-Mile-Logistik, Gebäudemanagement, Rettungs- und Andienungswegen, Abfall- und Bewässerungsmanagement.

Alle in Abb. 1 dargestellten Use Cases können in einem digitalen Zwilling geplant, dargestellt, gesteuert und dokumentiert werden. Dabei werden nicht nur die Anwendungen, sondern auch die zugrundeliegende Basisinfrastruktur (Glasfasernetze FTTI und FTTH, Mobilfunknetze inklusive 5G-Campusnetze, Sensoriknetzwerke wie LoRaWAN und WLAN-Netze) über den Digitalen Zwilling effizient und synergetisch planbar.

2. Der Prozess

Am Beginn eines Digitalen Zwillings steht die Erfassung des Gebiets mittels einer Befahrung. Wir und unsere Partner setzen Fahrzeuge ein, die mit fünf Kameras und einer LiDAR-Messeinheit ausgestattet sind. Bei dieser Art der Befahrung entsteht ein 3D-Modell, dessen Messgenauigkeit zuverlässig bei zwei bis drei Zentimetern liegt. Die mitgeführten Kameras nehmen alle fünf Meter HD-Bilder mit 360°-Rundumblick auf. Durch Unkenntlichmachung von Gesichtern, Kennzeichen usw. ist dieser Prozess vollständig DSGVO-konform umsetzbar.

Abb. 2 – Fahrzeug mit Messausrüstung

Je nach angedachten Nutzungsszenarien werden die Daten aus dem 3D-Modell sodann z. B. als Fachschale in ein existierendes GIS integriert.

Abb. 3 und 4 – Kamera- und LiDAR-Darstellung eines Gebäudes

Die gesammelten Daten werden sodann je nach geplanten Anwendungen mit weiteren Daten angereichert, beispielsweise zur vorhandenen Infrastruktur, was in den folgenden Bildern exemplarisch dargestellt ist:

Abb. 5 und 6 Dokumentation und Planung von Leitungsinfrastrukturen im Digitalen Zwilling © Zentrum für Digitale Entwicklung

Hier wird ersichtlich, wie eine lückenlose Dokumentation städtischer Infrastrukturen in einem Digitalen Zwilling möglich wird. Im folgenden Kapitel werden wir auf die zahlreichen Anwendungen eingehen, die ein Digitaler Zwilling eröffnet. Hierbei ist wichtig, dass der Zwilling modular aufgebaut ist. Bei Bedarf können auch später zusätzliche Module mit neuen Anwendungen an den bestehenden Zwilling angedockt werden. Auch lassen sich Fremddaten, wie z. B. zu Leitungen externer Anbieter, nahtlos in den Digitalen Zwilling integrieren. So entsteht in der Gesamtschau ein immer detaillierteres digitales Abbild der realen Stadt.

Diese Art der Visualisierung vereinfacht Abstimmungs- und Planungsprozesse aller Art von der Grob- bis zur Ausführungsplanung und schafft für Präsentationen in politischen Gremien eine einfach verständliche, fundierte Basis. Durch die Reduzierung des Bedarfs an Vor-Ort-Terminen kann effizienter und entspannter gearbeitet werden.

3. Anwendungsfälle

Straßenzustandserfassung

Im Digitalen Zwilling können alle real vorhandenen Straßenschäden dokumentiert und klassifiziert werden. Damit entsteht die ideale Basis für Priorisierung, Sanierungsplanung und Investitionsplanung im Rahmen des Erhaltungsmanagements.

Abb. 7 – Straßenzustandserfassung im Digitalen Zwilling © Zentrum für Digitale Entwicklung

Leitungen und Dokumentation

Abb. 8 – Leitungsdokumentation im Digitalen Zwilling © Zentrum für Digitale Entwicklung

Strom-, Gas-, Wasser-, Abwasser-, Wärme-, Breitbandinfrastrukturen, etc. werden lückenlos erfasst. Somit wird z. B. eine Wärmeleitplanung nach dem Klimaschutzgesetz Baden-Württemberg möglich. Unabhängig davon vereinfacht der Digitale Zwilling die Projektsteuerung und Projektüberwachung, das Hausanschlussmanagement und die Abstimmung zur Platzierung von T-Stationen, Verteilern und sonstiger Infrastruktur.

Digitalkataster

Ein digitales, GIS-gestütztes Infrastrukturkataster ermöglicht eine vollumfängliche Stadtinventarisierung, mit Erfassung aller Komponenten der Straßenbeleuchtung, Trafostationen, Kabelverteiler, POP, Grünflächen und Baumbeständen. So entsteht z. B. eine Planungsgrundlage für LED-Umstellung und ein Überblick über vorhandene Leuchten als Trägerinfrastruktur für WLAN, 5G, Sensorik, Überwachungstechnik, Ladestationen usw.

Abb. 9 – Digitalkataster © Zentrum für Digitale Entwicklung

Starkregen und Hochwasser

Abb. 10 – Pegelsimulation im Digitalen Zwilling © Zentrum für Digitale Entwicklung

Für den Schutz vor Extremwetterereignissen bietet der Digitale Zwilling gänzlich neue, im Zweifel lebensrettende Möglichkeiten: In den 360°-Bildern können verschiedene Pegelstände in Folge von Starkregenereignissen visualisiert werden. Außerdem sind exakte Berechnungen basierend auf den Daten aller abflussrelevanten Bauwerke wie Bordsteinkanten und Stützmauern umsetzbar.

Radwege und Verkehr

Die Pflege, Planung und Entwicklung von Verkehrsflächen profitiert von einem digitalen Verkehrszeichenkataster. Auch hier kann der Zustand der Verkehrsflächen genauestens kartiert werden, verkehrsrechtliche Anforderungen und Bedarfe des ÖPNV lassen sich einfach planen.

Abb. 11 – Exakte Darstellung von Radwegen und Verkehrsflächen im Digitalen Zwilling © Zentrum für Digitale Entwicklung

Vektorisierte Flächennutzungsdaten

Abb. 12 – Darstellung vektorisierter Verkehrsflächen im Digitalen Zwilling © Zentrum für Digitale Entwicklung

Realflächen werden im Digitalen Zwilling als vektorisierte GIS-Daten dargestellt. Hierbei ist eine Kategorisierung nach Nutzungsart (Fahrbahn, Parken, Schienen, Grün, Gehweg etc.) sowie eine Darstellung nach Oberflächenart (unbefestigt, befestigt, Pflaster etc.) möglich.

Einsatzleitung Feuerwehr

Der Digitale Zwilling kann auch zur Unterstützung von Einsatzkräften genutzt werden. Einerseits in der Einsatzleitung, andererseits vor Ort durch die Darstellung von Hydranten und Entnahmestellen als digitale Datensätze. In der Fahrwegplanung können durch das präzise Modell Engstellen und Überflutungsgebiete umfahren werden.

4. Digitale Zwillinge in aller Welt

Die Stadt Barcelona setzt einen Digitalen Zwilling als Planungsgrundlage für alle Maßnahmen der Stadtentwicklung ein. Diese Umsetzung ist hinsichtlich der eingebundenen Anwendungen eine der konsequentesten weltweit. Eine umfassende Datenbasis aus der ganzen Stadt wird mithilfe des Supercomputers “MareNostrum” analysiert. Ziel ist es, die Stadtentwicklung effizienter zu machen indem sie auf realen Messdaten aus der Stadt aufbaut anstatt auf Vermutungen. Außerdem haben Bürger:innen die Möglichkeit, sich in die Projekte einzubringen und sich die vorhandenen, offenen Daten für eigene Entwicklungsideen zu eigen machen. Mehr erfahren…

In Tampere dient ein Digitaler Zwilling zur Planung des ÖPNV in einem Modellquartier. Da dieser zukünftig teilweise autonom abgewickelt werden soll, ist ein fundierter und umfassender Überblick über die tatsächliche Situation im Quartier notwendig. Der Zwilling aggregiert dafür vielfältige Daten und visualisiert sie in einer 3D-Ausgabeebene. Besonders bemerkenswert ist hierbei, dass für die Datenerfassung unter anderem die im Quartier neu angelegte Straßenbahn verwendet wird, was durch die regelmäßige Befahrung und die hochpräzise Spurführung zu einem sehr präzisen Datenabbild der Umgebung führt. Mehr erfahren…

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© Sitowise Group Oyj

Der Hafen von Oulu in Finnland wurde komplett digital modelliert, um die Waren- und Datenströme sowie viele weitere Bewegungen von Fahrzeugen, Schiffen, Personen und weiteren Akteuren analysieren und steuern zu können. Dadurch wird die Sicherheit im traditionell unfallträchtigen Hafengebiet erhöht sowie die Effizienz der Hafenoperationen verbessert. Der Fokus liegt dabei neben der ökonomischen Leistungsfähigkeit des Hafens auf der Nachhaltigkeit: Der Zwilling ermöglicht es dem Hafenbetreiber, ineffiziente Prozesse zu erkennen und abzustellen. Mehr erfahren…

Auch die neuseeländische Hauptstadt Wellington nutzt einen umfassenden Digitalen Zwilling als Basis für eine datengetriebene Stadtentwicklung. Das Hauptaugenmerk liegt in diesem Fall auf Mobilitätsthemen. Entsprechend werden Daten aller Verkehrsteilnehmenden vom Flugverkehr bishin zu Fußgänger:innen eingebunden, um ein möglichst detailliertes Bild der Verkehrsströme im Stadtgebiet zu erhalten. Auch die visuelle Darstellung dieses Zwillings ist sehenswert. Mehr erfahren…

Orlando, Florida, hat das Prinzip des Digitalen Zwillings auf eine komplette Region skaliert. Der Digitale Zwilling erfasst hier auch Themen wie Immobilienverfügbarkeit und -preise, Unternehmensdaten und Raumplanung. Die Region setzt den Zwilling auch gezielt als Maßnahme zur Wirtschaftsförderung ein, um zukunftsträchtigen Hightech-Unternehmen ein datengetriebenes, digital hochwertiges Umfeld zu bieten, in dem Innovation und digitale Wertschöpfung möglich sind. Mehr erfahren…

5. Finanzielle Aspekte

“Schön und gut, aber was kostet denn der Spaß?” Ja, diese Frage ist an dieser Stelle durchaus berechtigt. Denn einen Digitalen Zwilling gibt es selbstverständlich nicht zum Nulltarif. Leider fällt eine exakte Angabe des Invests aufgrund der vielen möglichen Module sowie der individuellen Besonderheiten in den Kommunen schwer.

Trotzdem möchten wir in der folgenden Grafik einen Eindruck von der Wirtschaftlichkeit gängiger Digitaler Zwillinge vermitteln:

Abb. 13 – Finanzielle Einordnung eines Digitalen Zwillings © Zentrum für Digitale Entwicklung

Die gute Nachricht ist also, dass die Kosten für einen Digitalen Zwilling in den allermeisten Fällen so weit im Rahmen liegen, dass eine Amortisation in absehbarer Zeit, je nach eingebundenen Diensten und je nach Rechenmodell zwischen zwei und fünf Jahren, möglich ist.

Der Rat an dieser Stelle: Achten Sie bei der Planung Ihres Zwillings darauf, nicht nur längerfristige sondern auch kurzfristige Einsparpotenziale zu bedenken und als Anwendungsmodul in den Zwilling aufzunehmen. Allgemein ist angesichts der nahezu unendlichen Möglichkeiten, die ein Digitaler Zwilling bietet, eine strukturierte und durchdachte Planung der ersten Schritte zu empfehlen.

6. Fazit 

Der Digitale Zwilling ermöglicht effiziente Infrastrukturplanung und lückenlose Dokumentation. Er basiert auf einem 3D-Modell der kommunalen Infrastruktur, das die digitale Basis für Landkreise, Kommunen und Stadtwerke der Zukunft bildet. Planungsprozesse von Leitungsplanung bis zur komplexen Smart City werden deutlich einfacher, effizienter und kostengünstiger. Durch die Verlagerung in den digitalen Raum entfallen örtliche Abhängigkeiten.

Möchten Sie die Möglichkeiten eines Digitalen Zwillings für sich entdecken? Dann nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf – unverbindlich und unkompliziert.

Kontakt 

Zentrum für Digitale Entwicklung GmbH
Wolfgang Weiß
Geschäftsführer
Tel. +49 7363 9604-84

Über Urban Digital

Dieses Portal informiert über Themen, Akteure, Projekte und Strategien rundum die digitale Stadt. Unsere Vision ist es, die Triebkraft der Digitalisierung in die Bahnen einer erstrebenswerten Stadtentwicklung zu lenken.

Dazu forcieren wir den inhaltlichen Austausch über die digitale Stadt zwischen Akteuren aus Forschung, Wirtschaft, öffentlicher Verwaltung und Zivilgesellschaft.

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Wolfgang Weiß
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Geschäftsführer Zentrum für Digitale Entwicklung GmbH

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