Sonntag, 22. Dezember 2024
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Einladung zur interkommunalen Sprechstunde am 15. Januar

Sie suchen nach einer effizienten Möglichkeit für interkommunalen Austausch, um Ihre aktuellen Informationsbedarfe schnell zu decken? Dann sind Sie hier genau richtig. Die Themenschwerpunkte im Januar sind: Digitaler Zwillinge, Data Governance und KI-Systeme in der Verwaltung

StartSmart EconomyDigitalisierung transformiert die Stadtwirtschaft

Digitalisierung transformiert die Stadtwirtschaft

Die Digitalisierung verändert maßgeblich die Art, wie wir als Gesellschaft wirtschaften. Ein Großteil der Wertschöpfung verlagert sich aus der realen in die digitale Welt und die menschliche Arbeitskraft wird mittelfristig für zahlreiche Produktionsabläufe und Dienstleistungen überflüssig. Hierdurch werden in der digitalen Welt viele ehemals etablierte Geschäftsmodelle vernichtet und durch neue ersetzt. Städte sind als Motoren einer Volkswirtschaft direkt von diesen Veränderungen betroffen (Jahn u. a., 2017, S. 10).

1. Plattformökonomie

In vielen Wirtschaftszweigen existieren mittlerweile Internetplattformen, die Angebot und Nachfrage digital vermitteln. Die Plattformen untergraben mit ihrer enormen Reichweite, Bequemlichkeit und Effizienz oftmals bestehende Wirtschaftsstrukturen. Dieser Siegeszug digitaler Vermittlungen von Produkten und Dienstleistungen nimmt Einfluss auf die Stadtwirtschaft.

In der Tourismusbranche konkurrieren Plattformen wie Airbnb oder 9flats mit Hotels in Großstädten auf der ganzen Welt. Die digitale Vermittlung von Privatunterkünften zwischen Einheimischen und Reisenden schöpft ein kolossales Potenzial ungenutzten Wohnraums aus und ermöglicht privaten Anbietern einen bemerkenswerten Nebenverdienst. Im Vergleich zum angemeldeten Hotelgewerbe zahlen sie dabei weniger Steuern. Folglich neigen private Wohnungseigentümer/innen in beliebten Touristenstädten dazu, ihren innerstädtischen Wohnraum vollständig an Reisende zu vermieten. Die hohen Renditeerwartungen dieser Immobilien treiben die Wohnpreise auf dem umgebenden Immobilienmarkt nach oben und verteuern schließlich einheimische Quartiere gänzlich. Auch die lokale Ökonomie passt sich mit steigenden Preisen, mehr Touristenshops, Sightseeing, etc. zusehends an die neue Zielgruppe an. Die Auswirkungen sind so spürbar, dass Großstädte wie Berlin, New York und Barcelona mit rechtlichen Regelungen konsequent gegen die gewerbliche Vermietung von Privatwohnungen vorgehen.

Die Vermittlung von Fahrdiensten über Plattformen wie Uber bedroht durch niedrigere Preise die Existenz des herkömmlichen Taxigewerbes. Die digitale Vernetzung ermöglicht es Internetunternehmen am anderen Ende der Welt, Fahrdienstleistungen weltweit zu vermitteln – ohne Rücksicht auf örtliche Regelungen. So vermittelte bspw. UberPop auch in deutschen Großstädten Fahrgäste an private Autobesitzer/innen, die im Gegensatz zu lokalen Taxiunternehmen keine Lizenz zur Personenbeförderung besaßen, keine Einkommenssteuern zahlten und deren Fahrtauglichkeit nicht nach deutschem Recht geprüft wurde. Der Umsatzschwund für das Taxigewerbe und die dadurch entstehenden Klageeinreichungen entwickelten sich so rasant, dass UberPop hierzulande gleich in mehreren Gerichtsentscheidungen verboten wurde. (Handelsblatt, 2015; Stern, 2014) Als Reaktion wurden andere Uber-Dienste entwickelt und so geht das Ringen zwischen dem Taxigewerbe und Uber um den deutschen Markt weiter (Spiegel Online, 2019).

Stationärer Handel in Innenstädten erfährt zunehmend eine Konkurrenz durch Online-Handel. Auch hier vermitteln Internetplattformen wie Amazon oder Zalando Produkte zwischen Anbietern und Nachfragern. Diese direkte Vermittlung führt durch ihre Masse zu einer Reihe an Veränderungen in der Stadtwirtschaft. Insbesondere Bekleidung, Bücher und Unterhaltungselektronik (Non-Food Sortiment) – die klassischen Angebote innerstädtischer Läden – werden zunehmend online erworben. Kunden und Hersteller finden über Plattformen digital zueinander und somit werden kleine Zwischenhändler, d.h. stationärer Handel in Klein- und Mittelstädten, häufig überflüssig. Diese Leerstände rauben den Innenstädten ihren Lebensgeist, wie bspw. die Protestaktion in Tönisvorst signalisieren sollte. Obendrein fallen Arbeitsplätze weg und die kommunalen Steuereinnahmen sinken. (Wollrath, 2015)

Der Online-Handel wird innerstädtischen Handel nicht ablösen. Vielmehr gewinnen Multi-Channel Strategien an Bedeutung, so dass Händler digitale und physische Vertriebswege sowie Marketingstrategien realisieren. Ziel ist es „physische und virtuelle Präsenzen und Prozesse optimal aufeinander abzustimmen“. (Jakubowski u. a., 2017, S. 36) Beweise für diese Verschränkung digitaler und physischer Vertriebswege liefert  Zalando mit seinen Outlet-Stores in deutschen Großstädten oder auch Amazon mit seinem ersten Offline-Shop:

Die Beliebtheit des Online-Handel begründet sich auch durch die bequeme Warenlieferung bis nach Hause und erhöht den Stellenwert urbaner Logistik. Der steigende Warenverkehr bedeutet mehr innerstädtische Lagerstandorte bzw. Abholstationen und ein erhöhtes Verkehrsaufkommen aufgrund des individuelleren Lieferverkehrs. (DIN, BdKEP, Händlerbund Management AG, 2016, S. 27-33)

Weitere Ausprägungen der Plattformökonomie, mit bisher unklaren Äußerungen für die Stadtwirtschaft, sind Plattformen für die Vermittlung von Lagerflächen wie die des Duisburger Unternehmens Sharehouse oder Essenslieferdiensten wie bspw. Deliveroo.

2. Neue Beschäftigungsstruktur

Die Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt verschiebt sich in Berufszweige, in denen Informationstechnologien und Daten das Geschäftsmodell bestimmen. Digitale Wertschöpfung bedeutet in erster Linie die extensive Nachfrage nach IT-Dienstleistungen jeglicher Art. Diese IT-Dienstleistungen formieren sich in gewisserweise zu einer obligatorischen Metaebene, die Unternehmen in allen Wirtschaftszweigen nachfragen müssen, wenn sie wettbewerbsfähig bleiben wollen. Je umfangreicher und durchdachter die Einbindung dieser Metaebene in die eigenen Geschäftsmodelle erfolgt, desto erfolgversprechender läuft die digitale Transformation eines Unternehmens ab.

Zwei typische Unternehmen in einer Stadt stellen sich für die digitale Wirtschaftswelt auf (exemplarisch): Die Nutzen der IT-Dienstleistungen generieren ein Paket an Wettbewerbsvorteilen gegenüber Unternehmen der gleichen Branche, die sich nicht digital aufstellen (eigene Zusammenstellung, keine abschließende Liste).

IT-DienstleistungNutzen für SanitärherstellerNutzen für Lokalzeitung
Data ScienceAuswertung der Webseitenbesuche für Identifizierung typischer KundenprofileAuswertung des Nutzerverhaltens: höchstpräzises Feedback für die eigene Arbeit ermöglicht die Verwendung der gewonnenen Konsumdaten zur Verbesserung des eigenen Produktportfolios.
App-EntwicklungApp für die Steuerung smarter Sanitärprodukte (Smart Home)Verfügbarkeit der eigenen Inhalte auf dem Smartphone, dadurch
Gewinn der „jungen“ Generation als potenzielles Leserpublikum, das keine gedruckte Zeitung liest.
Webdesign und Online-MarketingPersonalisierte Werbung an präferierte Kundengruppen z.B. via Facebook Ads

Aufbau eines eigenen Onlineshops sowie Listung bei bekannten Onlineshops, die am Markt als wichtige Vermittler von Angebot und Nachfrage fungieren, ausschließlicher Verlass auf physische Vertriebswege wäre Umsatzschwund
Webseite der Zeitung und ihr Social Media-Auftritt bauen eine digitale Markenpräsenz auf. Leser/innen informieren sich zunehmend online, wer online nicht auffindbar ist, hat enromen Umsatzschwund.

Kundensupport mit Chatfunktion
CloudservicesCloudbasierte Datensicherung minimiert Risiko von Datenverlusten und somit Störungen im Geschäftsablauf.Cloudbasierte Datensicherung minimiert Risiko von Datenverlusten und somit Störungen im Geschäftsablauf.

Anbieter von IT-Dienstleistungen werden somit durch ihre omnipräsente Notwendigkeit in allen anderen Bereichen einen extrem wichtigen Stellenwert in der Stadtwirtschaft einnehmen. Weiterhin werden für den Ausbau und die Wartung digitaler Infrastrukturen in den Städten Telekommunikationsunternehmen benötigt. Durch den zunehmenden Online-Handel gewinnt die Organisation der urbanen Logistik an Bedeutung. Wenn bspw. Kinderbücher zuvor ausschließlich im stationären Handel zu erwerben waren, so bietet sich diese Produktkategorie nun hervorragend für den Online-Handel an, was im Grenzfall den Umsatzschwund eines lokalen Geschäfts verschärfen könnte.

Die Medien- und Freizeitindustrie erhält große Chancen, wenn sie digitale Technologien rechtzeitig in ihre Geschäftsmodelle einbindet, um das Konsumerlebnis realer und ansprechender zu gestalten. Auch High-Tech Sparten entwickeln sich in der digitalen Welt wirtschaftlich nachhaltig, da sie ein hohes Innovationspotenzial aufweisen. In diesen Spitzentechnologien wird die Hardware für digitale Technologien sowohl hergestellt (z. B. Halbleitertechnik), als auch die digitalen Technologien angewandt und weiterentwickelt (z.B. Umwelttechnik). Abseits von IT-Dienstleistungen und Technologieunternehmen ist jedoch völlig unklar, welche Wirtschaftszweige in der digitalen Ökonomie dauerhaft viele Arbeitsplätze bieten werden.

Beschäftigte nach Wirtschaftszweigen – Veränderung zum Vorjahr in Prozent, (Bundesagentur für Arbeit, Monatszahlen, S. 2, Stichtag 28.02.2018)

In gewissen Wirtschaftszweigen lässt die Digitalisierung demgegenüber ziemlich sicher einen deutlichen Verlust an Arbeitsplätzen erwarten. Online-Banking und digitale Finanzierungsmodelle ersetzen zunehmend viele Leistungen, die heute noch in physischen Bankfilialen getätigt werden. Insgesamt werden städtische Wirtschaften viele Arbeitsplätze der Sachbearbeitung im Finanz-, Versicherungs-, und Rechtswesen verlieren. Viele dieser Tätigkeiten drehen sich ums Verwalten, Beglaubigen, Vermitteln und können u. a. durch die Blockchain-Technologie effizienter gestaltet werden. (Gärtner, 2018; Jahn u. a., 2017, S. 27) Auch sinkt seit Jahren die Anzahl der Reisebüros in Deutschland, die ihre Kundschaft, insbesondere beim kurzfristigen Last-Minute-Geschäft und einfachen Buchungen (Flugtickets, Hotelzimmer) nahezu komplett gegen Internetportale für Endkunden, verloren haben. (FAZ, 2017)

Im herkömmlichen stationären Handel sind Aufgabenbereiche von Verkäufer/innen wie die Einräumung von Waren oder Kassieren durch die zunehmende Automatisierung bedroht. Digitale Vertriebswege, wie bspw. der Edeka-Lieferservice,  bestärken diese Entwicklungen und schaffen mehr Bedarf an Arbeitsplätzen im Logistikbereich. Außerdem haben massentaugliche Technologien der additiven Fertigung das Potenzial, die Produktion bestimmter Produkte von zu Hause zu ermöglichen und entsprechende Händler zu ersetzen. In einem solchen Szenario würden Kunden statt der Ware, online Baupläne kaufen und diese in einer heimischen Printstation realisieren (Rehme, 2017).

Sobald sich Carsharing, autonomes Fahren o. ä. großflächig durchsetzt, werden aufgrund der Mehrfachnutzung viel weniger Fahrzeuge als derzeit benötigt. Zum einen erübrigt sich durch diese organisierte Mehrfachnutzung das Geschäftsmodell des Taxigewerbes. [ps2id id=’digitale’ target=”/]Zum anderen wird eine sinkende Nachfrage an Fahrzeugen Städte und Regionen mit einem starken Bezug zur Automobilbranche wirtschaftlich destabilisieren, denn am Erfolg der Automobilhersteller hängt zumeist auch die Existenz mittelständischer Zulieferbetriebe.

3. Digitale Wirtschaftsförderung

Für eine digital umstrukturierte Stadtwirtschaft sind neue Standortfaktoren von Relevanz. Unternehmen und Arbeitnehmer stellen neue Anforderungen an die städtische Funktion Arbeiten, die von der lokalen Wirtschaftsförderung rechtzeitig aufgegriffen werden müssen. Neben dem einwandfreien Ausbau der lokalen IT-Infrastruktur ist der digitale Zugang zu Verwaltungsdienstleistungen ein wichtiger Standortfaktor. Da Daten die Grundlage für digitale Wertschöpfung bilden, ermöglicht die strukturierte Bereitstellung kommunaler Daten neue stadtbezogene Dienstleistungen. Dienstleistungen wie die Analyse und Optimierung von städtischen Verkehrsströmen oder die Erstellung von Virtual Reality Anwendungen für die städtische Bau- und Planungspraxis, können Unternehmen nur dort anbieten, wo die notwendigen Schnittstellen zur Stadtverwaltung existieren. Dabei könnte die städtische Wirtschaftspolitik Zugriffsmöglichkeiten auf lokale Datenbestände accountbasiert bereitstellen und dadurch gezielt die Ansiedlung lokaler Unternehmen fördern. (Jahn u. a., 2017, S. 30-43; Jakubowski u. a., 2017, S. 32)

Die Wirtschaftsförderung kann zudem Räume für digitale Bildung und Innovation schaffen, um städtischen Akteuren eine konkrete Anlaufstelle für die Digitalisierung zu bieten. Nachfolgend finden sich Beispiele für städtische Initiativen, die etablierten und neuen Unternehmen die Chance geben, den digitalen Wandel für ihre Geschäftszwecke zu nutzen.

  • In Mönchengladbach unterstützt die Wirtschaftsförderung lokale Einzelhändler beim Aufbau digitaler Vertriebswege in Kooperation mit Ebay City.
  • e-port-dortmund – „Gründungs- und Kompetenzzentrum für Logistik und Informationstechnologie“, gelegen am Hafen, greift die lokale Wirtschaftskompetenz Dortmunder Unternehmen in der Logistikbranche auf und fördert deren digitale Entwicklung
  • Stadt Essen: Camp Essen mit themenrelevanten Workshops, Mentoring, Sprechstunden ein digitales Ökosystem für Innovationen
  • Hamburg – städtische Standortinitiative der Hamburger Medien- und Digitalwirtschaft, die Hamburg auch in der digitalen Zukunft als etablierten Medienstandort sichern soll
  • Digitale Woche Dotmund – von der Wirtschaftsförderung organisiertes Festival als Raum für den Austausch über den digitalen Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft

Quellen

Für die Quellenangaben im Fließtext gilt: vor dem Satzpunkt beziehen sie sich auf den Satzinhalt, nach dem Satzpunkt beziehen sie sich auf den Inhalt des gesamten Absatzes.

Titelbild: verändert nach Soest Gewerbegebiet, CC-BY-SA 3.0 – Petra Klawikowski (Wikimedia Commons)

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Dimitri Ravin
Dimitri Ravin
Dimitri Ravin befasst sich seit dem Jahr 2017 als Initiator von urban-digital.de mit dem Einfluss der Digitalisierung auf Städte. Parallel ist er mit Beratungs- und Vortragstätigkeiten i. Z. m. Smart City Projekten und Strategien tätig. Davor untersuchte er am Institut für den öffentlichen Sektor (KPMG) die Smart City-Strategien deutscher Großstädte und war als Projektassistenz für digitale Projekte bei der Stadt Dortmund angestellt. Mehr Informationen und Kontaktdaten →

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