Freitag, 29. März 2024

Einladung – Urban-Digital-Netzwerktreffen in der Metropole Ruhr am 06. Mai

Anfang Mai wird unser nächstes Netzwerktreffen im 19. Stockwerk des Essener Ruhr Towers stattfinden. Wir laden Sie als Leser:innen und Partner herzlich dazu ein, sich über wichtige inhaltlich-strategische Gedanken der digitalen Stadtentwicklung auszutauschen.

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Kommunale Kommunikation in digitalen Zeiten – Impulse für eine kommunikationszentrierte Verwaltungskultur

1. Navigieren unter beschränkter Sicht:
Kommunen in dynamischen Zeiten

Städte und Gemeinden spielen bei der Bewältigung der großen Herausforderungen unserer Zeit eine entscheidende Rolle. Nicht nur treffen hier der demokratische Rechtsstaat und seine Bürger:innen so direkt wie nirgendwo sonst aufeinander, auch die konkreten Maßnahmen zur Schaffung zukunftsfähiger Lebensräume werden hier greifbar. Kurz: In der Kommune wird aus Megatrends Alltag. Der Begriff der Stadtentwicklung hat sich dementsprechend gewandelt, von einer städtebaulich geprägten Funktion mit ökonomischen Zielen, hin zu einer integrierten Sichtweise, die alle Dimensionen der Nachhaltigkeit berücksichtigt und deren Erfüllung bereichsübergreifend, partizipativ sowie unter Zuhilfenahme digitaler Technologien verfolgt wird.

2. Relevanz: Welche Trends beschäftigen
die Kommunen?

Aus der Erkenntnis, dass der durch Prozesse wie Industrialisierung und Globalisierung hochsignifikant verstärkte Klimawandel Folgen nach sich ziehen kann, welche das Leben der Stadtbewohner:innen vielerorts grundlegend verändern werden, entsteht die Notwendigkeit der Entwicklung nachhaltiger Lösungen auf kommunaler Ebene. Zwar kann eine effektive Beschränkung von Entwicklungen wie Erderwärmung oder Artensterben nur auf globaler Ebene gelingen, letztendlich sind aber alle Menschen Einwohner:innen einer Gebietskörperschaft. Daraus folgt, dass gerade der kommunalen Ebene bei der Suche nach Lösungen hinsichtlich globaler Herausforderung eine entscheidende Funktion zukommt.

Parallel dazu wächst die Weltbevölkerung, die Urbanisierung nimmt drastisch zu. Trotz aller Trends in Richtung einer Beliebtheitssteigerung der Dörfer, Klein- und Mittelstädte in Europa steht das Wachstum der großen Ballungsräume außer Frage: In Deutschland betrug der Urbanisierungsgrad im Jahr 2014 schon 75 Prozent (vgl. Herrmann et al., 2017). Bis 2050 wird mit einer Steigerung auf 83 Prozent gerechnet. Dazu kommt der demographische Wandel (vgl. Bundeszentrale für politische Bildung, 2021; Grobecker et al., 2021; Pufé, 2017): So ist z.B. das durchschnittliche Alter der Bevölkerung Deutschlands zwischen 1990 und 2018 um fünf Jahre angestiegen, im selben Zeitraum stieg die Anzahl der über 70-jährigen Personen von acht auf dreizehn Millionen an. Die zahlenmäßig größte Generation der deutschen Geschichte, die „Babyboomer“ der Jahrgänge 1955 bis 1970, wird in den kommenden 20 Jahren das Rentenalter vollständig erreicht haben. Prognosen sagen einen weiteren Rückgang bzw. eine Stagnation der Geburtenraten bei steigender Lebenserwartung, in Summe also ein verhältnismäßiges Schrumpfen des erwerbstätigen Anteils der Bevölkerung voraus. Hieraus ergibt sich der Bedarf, generationengerechte Städte zu entwickeln, in denen ein überproportional großer Anteil älterer Menschen bedarfsgerecht und vor allem in Würde genauso gut leben kann wie jüngere Menschen mit neuartigen Lebens- und Arbeitsgewohnheiten.

In Deutschland verstärkt sich bereits seit den 1970er-Jahren ein Trend, der in jüngster Zeit erneut an Bedeutung gewonnen hat: Der Wunsch nach mehr politischer Teilhabe. Dieser Wunsch erstreckt sich über alle Ebenen der Politik, was zum Beispiel aktuell durch die Schaffung von Bürgerräten auf Bundesebene deutlich wird. Auf kommunaler Ebene entstehen Bürgerhaushalte und Jugendparlamente. Gerade in den Kommunen besteht durch die unmittelbare Nähe der Bürger:innen zu den Resultaten politischer Entscheidungen ein Verlangen nach Mitbestimmung. Konkret wünschen sich 80 Prozent der Deutschen mehr Beteiligung bei öffentlichen Projekten (vgl. Rademacher et al., 2020) und in den letzten Jahren haben Art und Intensität der Einbringung, insbesondere junger Menschen mit Formaten wie „Fridays for Future“, eine neue Dynamik entwickelt Für die Stadtentwicklung bedeutet dies, dass die Beteiligung der Bürger:innen und weiterer lokaler Stakeholder von großer Bedeutung ist.

Die Digitalisierung ist ein entscheidender Hebel zur Bewältigung der genannten Herausforderungen auf kommunaler Ebene. Dies kommt z.B. in der „Neuen Leipzig Charta“, einem zentralen Rahmenwerk der deutschen und europäischen Stadtentwicklung, zum Ausdruck. In Deutschland besteht im internationalen Vergleich ein hoher Digitalisierungsdruck. Belegt wird dies durch Daten wie z.B. die Durchdringungsrate an Glasfaseranschlüssen, bei der Deutschland mit gerade einmal 6,4 Prozent der insgesamt vorhandenen Internetanschlüsse im zweiten Quartal 2021 auf dem fünftletzten Platz im Ranking der OECD-Mitgliedsstaaten landet (vgl. OECD, 2022). Gerade die Städte gelten als Schlüssel zu einer konsequenteren und vor allem nachhaltig gestalteten Digitalisierung der Gesellschaft. Die mit zunehmender Digitalisierung einhergehende Technologisierung birgt aber auch Konfliktpotenzial, da beispielsweise Themen wie Mobilfunkausbau und Einsatz von Sensortechnik in modernen Innenstädten immer wieder für heftige Diskussion sachlicher wie unsachlicher bzw. emotionaler Natur sorgen. Menschen sorgen sich teils vor gesundheitlichen Auswirkungen neuer Technologien und sehen Probleme beim Datenschutz.

Für Kommunen resultiert aus diesen herausfordernden Megatrends die Notwendigkeit langfristiger, strategischer Konzepte.

Auch wenn mit „New Public Management“ und „Neuem Steuerungsmodell“ Ansätze zur Übertragung von Prinzipien des strategischen Management der Privatwirtschaft auf die öffentliche Verwaltung erfolgt sind, Ziele und Funktionsweisen sind dennoch grundsätzlich verschieden: Demokratische Entscheidungen, naturgemäß Kompromisse aus einer Vielzahl an Einzelmeinungen, sind komplexer als die im Kern sehr einfachen Umsatzziele und Strategien eines Unternehmens. Die Verwaltung ist Teil der Exekutive des Rechtsstaats, folglich ersetzt hier das Gemeinwohlinteresse die Marktchancenorientierung der Wirtschaft. Dementsprechend müssen Verwaltungen auch weitaus tiefere Einblicke in ihre Funktionsweisen gewähren, Stichwort Informationsfreiheitsgesetze. Kommunikativ ist der Handlungsspielraum der Kommune durch Auskunftspflichten und Neutralitätsgebote sowie die Verpflichtung zur Öffentlichkeitsbeteiligung strenger reglementiert. Aus diesem Rahmen heraus gilt es, einen Spagat zu meistern – denn allen Regelungen zum Trotz stellt die moderne Medienlandschaft auch an die Verwaltung neue Ansprüche: Diese muss schnell und angemessen auf den richtigen Kanälen reagieren, niedrigschwellig erreichbar sein und transparent handeln.

Auf einen Blick:

  • Klimawandel, Bevölkerungswachstum, Urbanisierung, Digitalisierung, neue Trends in der politischen Teilhabe: Kommunen sind Brennpunkte zahlreicher globaler Entwicklungen
  • Es besteht großer Bedarf an strategisch durchdachtem Handeln
  • Das Handeln der Kommunen ist vielfältig reglementiert und nicht mit den Möglichkeiten der Privatwirtschaft zu vergleichen

3. Strategische Kommunikation: Was und warum?

Unter strategischer Kommunikation versteht das Management in der Privatwirtschaft die gezielte Nutzung von Kommunikation für die Erreichung übergeordneter Ziele. Konkret bedeutet das, dass Kommunikation von einer begleitenden Organisationsfunktion in die Rolle eines zentralen Managementwerkzeugs migriert.

Bezogen auf die zuvor beschriebenen Zustände im Umfeld von Kommunalverwaltungen ist dies ein interessanter, weil Erfolg versprechender Ansatz: Kommunikationszentrierte Organisationen sind agil und können so unter Unsicherheit bzw. in komplexen, dynamischen Situationen besser agieren.

Die Disziplin einer kommunalen strategischen Kommunikation ist bis dato in Literatur und Praxis nur sporadisch bis gar nicht zu finden. Kommunikation wird im Verwaltungskontext im Gros der Fälle mit einer klassischen, tendenziell defensiven Presse- und Öffentlichkeitsarbeit gleichgesetzt. Dieses Verständnis deckt jedoch nur einen Bruchteil dessen ab, was der Begriff der strategischen Kommunikation umfasst. Soll also die Verwaltung ihren bewährten, juristisch abgesicherten Amts-Kommunikationsstil über Bord werfen und ab sofort extern ähnlich burschikos, informell und, ja, verrückt kommunizieren wie das heute viele Unternehmen tun? Der beschriebene enge Rahmen an Reglementierungen und auch der gesunde Menschenverstand schließen das aus. Doch wo liegt nun die Lösung? Wie können Kommunen strategisch kommunizieren?

Auf einen Blick:

  • Kommunikationszentrierte Organisationen zeichnen sich durch große Agilität aus und bewahren so in komplexen Situationen und unter Unsicherheit größeren Handlungsspielraum
  • In der Privatwirtschaft hat sich Kommunikation deshalb längst von der Hilfsfunktion zum zentralen Managementwerkzeug entwickelt

4. Lagebild: Verwaltungskommunikation in Deutschland

Im Rahmen einer wissenschaftlichen Arbeit der Hochschule Neu-Ulm, an welcher das Zentrum für Digitale Entwicklung beteiligt war und welche mit dem Kulturpreis Bayern 2022 ausgezeichnet wurde, wurden zwölf Vertreter:innen deutscher Smart City-Modellkommunen zu Aspekten der strategischen Kommunikation befragt. Über das dabei entstandene Lagebild gibt das folgende Kapitel einen kompakten Überblick.

75% der Befragten sehen die Stadtentwicklung in einer Transition von einem stark städtebaulich geprägten Verständnis hin zu einer integrierten Sichtweise. Diese Entwicklung wird bedingt durch die eingangs erwähnten Trends: Der Klimawandel und das daraus resultierende Streben nach mehr Nachhaltigkeit belegt Platz eins bei den Nennungen der größten Herausforderungen in den Kommunen. Von Trockenschäden an Bäumen über gestiegene Bedarfe an Grünflächen zur Abkühlung des urbanen Raums hin zu immer häufigeren Extremwetterereignissen wie Starkregen mit Überflutungsfolge reichen die Beispiele. Auch die Digitalisierung, demographische Entwicklungen, Urbanisierung und veränderte Anforderungen an die Öffentlichkeitsbeteiligung als wichtige Einflüsse bestätigt die Empirie.

Hinzu kommen Erschwernisse in der interdisziplinären Vernetzung innerhalb von Verwaltungen: Diese ist laut befragten Expert:innen dringend notwendig, um besagte Herausforderungen zu meistern. Jedoch scheitert sie vielerorts an mangelnden Kommunikationsstrukturen zwischen den Funktionsbereichen der Verwaltungen.

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Dies ist kohärent mit der Erkenntnis, dass in lediglich zwei der untersuchten Kommunen formelle Kommunikationskompetenz vorhanden ist, die derjenigen einer strategischen Unternehmenskommunikation nahe kommt. Zwar wird Kommunikation in ihrer Bezeichnung als „Pressestelle“ meist als Stabstelle zentral im Verwaltungsapparat angesiedelt, daraus eine strategische Rolle der Kommunikation im oben beschriebenen Sinn abzuleiten wäre jedoch in vielen Fällen ein Trugschluss.

Die Untersuchung ergab, dass das Stakeholderbild in den Kommunen vergleichsweise unscharf ist. Es seien eben „alle“ wichtig, so der Tenor. Dies ist selbstverständlich richtig, jedoch sollte eine Betrachtung von Anspruchsgruppen nicht auf diesem Niveau stehen bleiben. Das bereits erwähnte Issues Management befasst sich auch mit passiven Kommunikationsaspekten, also nicht nur mit Pressemeldungen, Social Media-Posts und Bürgerworkshops. Wo bleibt bei dieser Betrachtung die Wirkung der Verwaltung nach außen, hin zur Öffentlichkeit, wenn sie nicht aktiv kommuniziert? Wenn der Philosoph Paul Watzlawick sagt, dass man „nicht nicht kommunizieren“ kann (vgl. Watzlawick et al., 2011), dann zielt diese Aussage bezogen auf Kommunen genau auf diesen Punkt. Kommunale Kommunikation ist in Deutschland also, verkürzt gesagt, wenig formalisiert, begnügt sich oftmals mit der Betrachtung eines überschaubaren Sets aktiver Kommunikationsmaßnahmen und agiert nicht proaktiv. Sie ist sich der Kommunikationsbedürfnisse unterschiedlicher Anspruchsgruppen nur unzureichend bewusst und kann sich somit nicht optimal in den Dienst des Gemeinwohlziels der Verwaltung stellen.

5. Vision: Strategische Kommunikation in Kommunen

Ein erster Ansatzpunkt ist eine konsequente Betrachtung von Anspruchsgruppen, auch Stakeholder genannt. Nur, wer sich der Anspruchsgruppen im Umfeld einer Organisation oder eines Projektes bewusst ist, kann wirklich strategisch kommunizieren. Dies setzt zum einen voraus, dass die klassische, strikte Trennung in interne und externe Kommunikation analog zur Wirtschaft überdacht wird. Es gibt zwischen beiden Säulen vielfältigste Verknüpfungen, und diese können nur sinnvoll gesteuert werden, wenn die gesamte Kommunikation integriert betrachtet wird. Zum anderen schützt ein Überblick über das Organisationsumfeld vor bösen Überraschungen: Issues Management nennt die strategische Unternehmenskommunikation die Untersuchung aller von einem bestimmten Vorgang tangierten Stakeholderbeziehungen auf potenzielle Konfliktthemen. Durch diese Antizipation kann von der reaktiven Schadensbegrenzung zu einer proaktiven Kommunikation übergegangen werden. Somit legt eine einfache Stakeholderbetrachtung gleichzeitig das solide Fundament für eine funktionierende Krisenkommunikation. Strategische Kommunikation arbeitet auf die Erreichung übergeordneter Organisationsziele hin. Dafür werden aus letzteren konkrete Kommunikationsziele abgeleitet – so leistet die Kommunikation direkte Beiträge zur Erreichung des Gemeinwohlziels der Verwaltung.

Auf einen Blick:

  • Strategische kommunale Kommunikation beschreibt das anspruchsgruppenorientierte kommunikative Verhalten und Handeln der Verwaltung vor dem Hintergrund ihrer langfristigen Ziele.

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Tel. 07363 9604-39

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